Wilmersdorf – Sechs junge Frauen sitzen an dem runden Küchentisch in der Ein-Zimmer-Wohnung in Wedding. Sie trinken Kaffee, plaudern, lachen. Eine brave Studenten-Runde? Von wegen.
Keine zwei Stunden später sind die jungen Damen vom Küchentisch kaum wiederzuerkennen. Halb nackt klettern sie über den Zaun der Ahmadiyya-Moschee in Wilmersdorf, brüllen Parolen, posieren mit Plakaten im Blitzlichtgewitter der Fotografen.
Mit ihrer provokanten Aktion schockten die Freundinnen gestern die Hauptstadt. Doch wer sind die Frauen? Und was bezwecken sie?
Alle sechs gehören der Frauen-Organisation Femen an. Alexandra Shevchenko (24) ist Mitbegründerin der ukrainischen Gruppe, lebt seit ein paar Wochen in Berlin, um das Netzwerk in Deutschland aufzubauen.
„Wir zeigen unsere Brüste nicht, weil wir sie so toll finden oder exhibitionistisch veranlagt sind“, sagt sie, „sondern weil man nur so gehört wird heutzutage. Bei der Aktion vor der Moschee haben wir gegen die Unterdrückung einer unserer Anhängerinnen aus Tunesien demonstriert.“
Warum ausgerechnet vor einer Moschee? „Weil hier das Problem begraben liegt“, sagt Zana Ramadani (29). „Ich bin Albanerin aus Mazedonien und weiß aus eigener Erfahrung, wie Frauen in der islamischen Gesellschaft unterdrückt werden. Das muss sich endlich ändern.“
Doch: Mit ihren provokanten Aktionen ecken die Frauen auch an. Zana etwa ist nicht nur bei Femen, sondern auch in der CDU aktiv, wäre im März wegen einer Nackt-Demo fast aus der Partei geflogen. Doch sie macht weiter: „Jetzt erst recht.“
Ängstlicher ist Naomi (22). Die Studentin kam extra aus Leipzig angereist. „Mein Freund hat mich gebeten, mich nicht auszuziehen“, sagt sie. Sie zieht trotzdem blank. Nach der Demo ist ihr schlecht – im Gerangel ist ihr ein Zahn abgebrochen. Sie weiß nicht, ob sie ein weiteres Mal mitmacht.
Femen hatte den gestrigen Tag zum „Topless Jihad Day“ (Tag des Oben-ohne-Heiligen-Krieges) ausgerufen, Aktionen gab es auch in Paris, Brüssel, Mailand und Kiew.
Wer sind Femen?
Femen wurde vor fünf Jahren in Kiew gegründet, hat inzwischen Anhängerinnen in ganz Europa und ist seit 2012 auch in Deutschland aktiv.
Die Organisation tritt für die Selbstbestimmung der Frau ein, ist für ihre provokanten Oben-ohne-Demos bekannt – und will die größte und einflussreichste feministische Bewegung der Welt werden. Erst kürzlich hatten sie in Berlin für Aufsehen gesorgt.
Bei der Berlinale stürmten die Aktivistinnen den roten Teppich, um auf das Thema „weibliche Genitalver- stümmelungen“ aufmerksam zu machen (BILD berich- tete).
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Via: bild.de
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