Mit vielstimmigen Forderungen nach mehr
deutschem Einsatz in der Schuldenkrise ist das Weltwirtschaftsforum
(WEF) in Davos zu Ende gegangen. Eine höhere Brandmauer, um ein
Ausufern der Krise zu verhindern, verlangten der Internationale
Währungsfonds (IWF) und mächtige Nicht-Euro-Staaten wie die USA.
Bedeutet: Noch mehr Geld vom deutschen Steuerzahler. Weltbank-Chef
Robert Zoellick mahnte, Europa müsse Vertrauen zurückgewinnen. Das
Durchwursteln müsse ein Ende haben.
Dagegen blockten Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister
Wolfgang Schäuble (CDU) alle Forderungen nach einem größeren
Rettungsfonds ESM ab. Dieser soll nach den jetzigen Plänen ein
Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro haben. Eine positive Bilanz
zogen die Davos-Kritiker, die so viel mediale Aufmerksamkeit
erhielten wie selten zuvor.
NEBEN EURO-KRISE AUCH ANDERE THEMEN
Bei dem prestigeträchtigen Elite-Treffen in dem Schweizer Kurort
diskutierten seit Mittwoch 2.600 Politiker, Wirtschaftslenker,
Wissenschaftler und andere Experten, so viele wie nie zuvor. Neben
der Euro-Krise ging es etwa um die Demokratiebewegungen in der
Arabischen Welt und explodierende Nahrungsmittelpreise. WEF-Gründer
Klaus Schwab hatte die Suche nach einem gerechteren Kapitalismus auf
die Tagesordnung des 42. Forums gesetzt. Greifbare Ergebnisse gab es
- erwartungsgemäß - nicht.
Friedlich begleitet wurde das Weltwirtschaftsforum von Aktionen
der "Occupy"-Bewegung, deren Vertreter nicht zu dem offiziellen
Programm eingeladen waren und keinen Zutritt zum Kongresszentrum
erhielten.
OBEN-OHNE-PROTEST
Mehrere Dutzend Aktivisten harrten eine Woche lang bei
Minustemperaturen in einem Iglu-Camp aus. Der Sprecher der Gruppe,
David Roth, zeigte sich zufrieden: Die Botschaft, dass Davos die
Krisen der Welt eher vertiefe als löse, habe man vermitteln können.
"Kamerateams aus aller Welt waren da. Mit so viel Aufmerksamkeit
hätten wir niemals gerechnet", sagte Roth der Nachrichtenagentur
dpa. "Occupy" wirft dem WEF vor allem fehlende demokratische
Legitimation vor.
Drei Ukrainerinnen protestierten am Samstag trotz bitterer Kälte
mit nacktem Oberkörper gegen das Weltwirtschaftsforum. Vor dem Zaun
des schwer bewachten Konferenzzentrums und vor laufenden Kameras
verwickelten sie Polizisten in ein Handgemenge. Ihre Oberkörper
hatten die Aktivistinnen der Gruppe "Femen" mit Protestslogans wie
"Gangster-Party in Davos" bemalt. Die Frauen wurden vorübergehend
festgenommen./mda/DP/he
AXC0020 2012-01-29/15:10
© 2012 dpa-AFXVia: finanznachrichten.de
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