Everyday Rebellion

Die Töpfe klingen, die Tischtennisbälle springen, die Brüste sind entblösst – so sieht gewaltloser Widerstand aus. Unter anderem. Die Welt hat eine Unwucht. Vielleicht bereits seit langer Zeit. Dem Profit wird alles untergeordnet. Ganz wenige Menschen haben etwas davon, der Rest geht leer aus. Dabei gibt es doch unverhandelbare Grundrechte – medizinische Versorgung zum Beispiel, eine Wohnung oder den Zugang zu Bildung. Davon erzählt «Everyday Rebellion», der Film der Riahi-Brüder. In knapp zwei Stunden werden die Schauplätze des Protestes besucht (und dabei ist etwas gar femen-lastig gewichtet worden): Die Ukraine und Ägypten, der Iran und Syrien. Länder, die weit weg sind, sagen wir uns. Länder, die von diktatorischen Regimes geführt werden und andere Religionen haben. Damit haben wir doch nichts zu tun. Die Reise geht aber auch nach New York und Madrid, nach London und Paris und ist nahe an den Menschen, die ihre Wohnung aufgeben müssen, die durch alle Maschen des sozialen Netzes fallen.
Auf einer zweiten Ebene fragt der von der Schweiz mitproduzierte Dokumentarfilm bei Experten nach: Mit welchen Grundsätzen ist die Idee des friedlichen Protestes unterfüttert? Wie muss die Auflehnung organisiert sein, damit sie erfolgreich ist? Was sollte vermieden werden? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Protestgruppen? Eindrücklich der Befund einer amerikanischen Forscherin, dass die durchaus nachvollziehbare Vorstellung, dass Gewalt ein taugliches Mittel ist, um auf Gewalt zu reagieren, falsch ist. Vielmehr sei gewaltloser Widerstand mittel- und langfristig doppelt so erfolgreich wie der Kampf mit Fäusten und den Waffen. Leider wird nicht näher ausgeführt, was hier genau untersucht und verglichen wurde und wie Erfolg konkret definiert ist. Ohne Beispiele und ohne klaren Unterbau bleibt der Befund einfach ein behaupteter und aus dem Resultat wird eine These. Hier ist der Film zu hastig. Er drängt weiter, will ein Abbild der Dynamik sein, die diese Gruppen auslösen, springt zwischen den Ländern, Brennpunkten und Organisationen hin und her.
Interessant wird der Film dann, wenn er nicht nur zeigt, was ist, sondern das eigene Handeln, die eigene Haltung hinterfragt und deutlich macht: Unsere Bequemlichkeit und Trägheit sind es, die eine Veränderung unmöglich machen. «Es ist Zeit, Dinge zu verändern.» Das ist im Film immer wieder zu hören. Was sich in den letzten drei Jahren allerdings wirklich verändert hat, darüber ist wenig zu erfahren. In jedem Land gibt es unterschiedliche Methoden zu protestieren, unterschiedliche Gruppen, die sich auflehnen. Ob Femen, The Yes Men, Occupy oder Indignados – etwas bleibt sich um den ganzen Erdball gleich: Wenn Unrecht geschieht, braucht es Zusammenhalt. Nur gemeinsam kann etwas erreicht werden. Und Veränderung, die beginnt immer im ganz Kleinen.

Info: Im Kino Apollo, Biel. Nur 18 Uhr.

Raphael Amstutz

Via: bielertagblatt.ch


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