Femen bekennt sich zu Aktion

Eine Frau hat am Mittwoch auf der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) das Podium gestürmt und Konfetti auf Draghi geschüttet, als EZB-Chef Mario Draghi gerade mit seinen Ausführungen begonnen hat.

Während der Rede Draghis am Mittwoch in der Frankfurter Zentrale sprang eine Frau auf das Podium. Sie schrie auf Englisch „ECB Dictatorship“ („EZB-Diktatur“). Auf ihrem schwarzen T-Shirt prangte die vulgäre englische Aufschrift: „End the ECB Dick-Tatorship“. Sie wurde von Sicherheitskräften überwältigt, sodass Draghi seine Rede nach kurzer Pause fortsetzen konnte.

Nach Angaben der Frankfurter Polizei handelte es sich um eine 21-Jährige aus Hamburg. Die EZB könne nun entscheiden, ob sie Anzeige erstatte oder nicht, so die Behörden. Auf Twitter erklärte sich die feministische Gruppe Femen für die Aktion verantwortlich. „Watch FEMEN crash ECB President Mario Draghi!“ (Schauen Sie, wie Femen mit EZB-Präsident Mario Draghi zusammenprallt!), verwiesen die Aktivistinnen auf das entsprechende YouTube-Video.

Schrecksekunde für Draghi

Passiert ist dem EZB-Chef bei dem Konfetti-Angriff offenbar nichts. Für Security-Personal und Fotografen hieß es dennoch schnell reagieren. (iptv.ORF.at)

Meist nackt

Die Gruppe hatte zuletzt den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn vor seiner Vernehmung im Prozess um Sexpartys im Februar in Lille mit einem Oben-ohne-Protest empfangen. 2013 hatte eine Frau barbusig eine Weihnachtsmesse im Kölner Dom in Deutschland gestört: Sie war - nur mit einem Slip bekleidet und mit der Aufschrift „I am god“ (Ich bin Gott) auf den Brüsten - auf den Altar gesprungen.

Tumult bei Draghi-Pressekonferenz

APA/AP/Michael Probst

Papier- und Konfetti-Aktionismus in der EZB-Zentrale

Auf der Hannover Messe 2013 hatten die Frauenrechtlerinnen halbnackt gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin protestiert. Die aus der Ukraine stammende Gruppe Femen kämpft immer wieder mit nackten Brüsten für Frauenrechte und gegen Sexismus.

110 Milliarden für Griechenland

Draghi bestätigte auf der Pressekonferenz die weitere Versorgung der griechischen Geldhäuser mit Liquidität durch die EZB. Man habe die Nothilfen (ELA) für die Institute gebilligt und werde das weiter tun, solange die Banken solvent seien und angemessene Sicherheiten hätten, sagte Draghi. Finanzhilfen würden weiterhin entsprechend den EZB-Regeln vergeben. Es sei auf der EZB-Sitzung auch über Abschläge auf Sicherheiten griechischer Banken diskutiert worden. Darauf werde man bald zurückkommen. Über eine Pleite Griechenlands wolle er nicht nachdenken, fügte Draghi hinzu. Das EZB-Engagement bei Griechenland liegt laut Draghi bei 110 Mrd. Euro.

Die EZB hatte erst am Dienstag entschieden, den Geldhahn für griechische Banken weiter offen zu halten. Die EZB stockte nach Angaben aus Bankenkreisen den ELA-Rahmen der Athener Notenbank an die Geldhäuser um 800 Millionen auf inzwischen 74 Milliarden Euro auf. Griechische Banken sind zur Geldversorgung zunehmend auf diese Notkredite angewiesen, da die EZB bonitätsschwache griechische Staatsanleihen nicht mehr als Pfand annimmt. Damit ist den Geldhäusern der direkte Zugang zu EZB-Geldern weitgehend versperrt. Über ELA-Hilfen können sie sich dennoch mit Liquidität eindecken.

EZB hält an Anleihekauf fest

Ihr Anleihekaufprogramm will die EZB trotz besserer Konjunkturaussichten wie geplant durchziehen. „Unser Fokus wird auf der vollen Umsetzung unserer Maßnahmen liegen“, sagte Draghi. „Es gibt eindeutige Hinweise, dass unsere Maßnahmen wirken“, gab sich Draghi optimistisch und verwies auf bessere Kreditbedingungen für Unternehmen und private Haushalte sowie einen Anstieg der Kreditnachfrage. „Diese Maßnahmen werden zu einer weiteren Verbesserung der Konjunkturaussichten beitragen.“

Der EZB-Chef trat damit Spekulationen entgegen, wonach die EZB ihr vor allem in Deutschland umstrittenes Programm drosseln könnte. Die Währungshüter hatten im März mit dem Kauf von Staatsanleihen begonnen. Monatlich 60 Mrd. Euro sollen vor allem in Staatsanleihen investiert werden, insgesamt 1,1 Billionen Euro bis September 2016. Bis zum 10. April erwarb die EZB im Rahmen dieses Programms Staatsanleihen im Gesamtvolumen von rund 61,7 Mrd. Euro.

Leitzins bleibt auf Rekordtief

Bereits vor der Pressekonferenz war die Entscheidung des EZB-Rates bekanntgeworden, den Leitzins auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent zu belassen. Damit können sich Geschäftsbanken weiterhin extrem günstig mit frischem Zentralbankgeld versorgen. Zugleich verlangen die Währungshüter von den Geldinstituten aber nach wie vor einen Strafzins von 0,2 Prozent, wenn diese Geld über Nacht bei der EZB parken. Damit will die Notenbank die Kreditvergabe ankurbeln.

Das frische Zentralbankgeld kommt im Idealfall über die Geschäftsbanken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Das könnte Investitionen und Konsum anschieben und so die Konjunktur in Schwung bringen. Die EZB will zudem einen Absturz in eine Deflation verhindern: Sinken die Verbraucherpreise über einen längeren Zeitraum auf breiter Front, könnte das die Konjunktur ausbremsen. Denn Unternehmen und Konsumenten könnten Investitionen aufschieben in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.

Zukünftig Mangel an Wertpapieren?

Noch sinken die Preise im Euro-Raum, aber der Rückgang hat sich zumindest abgeschwächt - nach Einschätzung der EZB auch dank ihrem entschlossenen Handeln. Volkswirte jedoch warnen: Die Notenbank könnte in nicht allzu ferner Zukunft Probleme bekommen, in ausreichendem Umfang Wertpapiere für ihr Kaufprogramm zu bekommen.

Denn die EZB hat sich selbst bestimmte Grenzen gesetzt: Sie will nicht mehr als 25 Prozent einer einzelnen Emission aufkaufen und höchstens ein Drittel der Anleihen eines einzelnen Staates. Die Renditen der Papiere sollen nicht unter minus 0,2 Prozent fallen. Die große Nachfrage der EZB drückt jedoch die Renditen.

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Publiziert am 15.04.2015

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