Femen sorgen für Furore


Mannheim/Tunis.

Zana Ramadanis Mutter betet jeden Tag für ihre Tochter. Sie bittet Allah, er möge ihre Zana auf den rechten Pfad zurückführen. Aber Ramadani kann nicht. Eine unbändige Wut treibt sie an. "Es ist ein feministischer Kampf, den wir führen", sagt die Tochter einer muslimischen Einwandererfamilie aus Mazedonien. Ihre Bastion sind die Femen - eine Gruppe weiblicher Aktivistinnen, die ihren Ursprung in der Ukraine hat. Mit blankem Busen protestiert die Frauenguerilla gegen Zwangsprostitution, gegen Unterdrückung durch Religion und gegen Fremdbestimmung. Medienwirksam trägt sie Botschaften auf dem nackten Oberkörper zur Schau - "Fuck Islamism" vor einer Moschee in Berlin, "Heidi Horror Picture Show" in Klums Topmodelfinale vor zwei Wochen in Mannheim.



"Die müssen es hinnehmen"

Seit einem Jahr gibt es Femen in Deutschland - mit 20 Aktiven. "Wir sind seit diesem Monat sogar ein eingetragener Verein. Das gibt es aber nur in Deutschland. Bei Femen in Frankreich oder Brasilien wäre das undenkbar", sagt Ramadani, die zweite Vorsitzende von Femen in Deutschland ist, und ergänzt: "Unsere Ziele sind aber auf der ganzen Welt identisch."

Tunesien geht gegen Femen-Aktivistinnen vor

Eine deutsche und zwei französische Femen-Frauen müssen sich heute vor einem Gericht in Tunis verantworten - wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und Sittlichkeitsvergehen. Das Verfahren gegen sie war zuvor vertagt worden.

Die Frauen haben mit nacktem Oberkörper für die Tunesierin Amina Sboui protestiert, der der Prozess gemacht wird, weil sie das Wort Femen auf eine Mauer in der Nähe eines Friedhofs schrieb.

Der Tunesierin drohen bis zu 18 Jahre Haft, den europäischen Femen-Frauen bis zu sechs Monate.

Der tunesische Ministerpräsident Ali Larayedh hat den in seinem Land inhaftierten Femen-Aktivistinnen ein rechtsstaatliches Verfahren zugesagt. dpa/eB

Ein universalistischer Ansatz, an dem sich Kritiker stoßen. "Die Femen-Bewegung und ihre Ziele passen zur Ukraine. Dort ist es die erste Frauenbewegung. Aber die deutschen Frauen hatten die 68er. Deshalb sind die Feministinnen hierzulande eigentlich schon viel weiter", sagt Historikerin und Feminismus-Expertin Miriam Gebhardt aus Konstanz. Die Femen-Frauen verkörpern ihrer Ansicht nach einen stark erzieherischen Ansatz. "Sie unterstellen den Frauen, dass sie selbst nicht wissen, was richtig für sie ist, und dass sie befreit werden müssen", resümiert Gebhardt. In einer pluralistischen Welt im Jahr 2013 sei das nicht mehr zeitgemäß.

Sich aus Protest auszuziehen, ist nicht neu. Schon in den sechziger Jahren lehnten sich Frauen mit blankem Busen gegen Prüderie und bürgerliche Zwänge auf. Die sogenannte "Sexuelle Revolution" nahm ihren Lauf. Auch heute ist den nackten Brüsten der Femen-Frauen das Interesse der Medien gewiss. "Nacktes Fleisch ist in unserer Gesellschaft allerdings dermaßen omnipräsent, dass sie vor allem vom medialen Überraschungseffekt profitieren", wirft Gebhardt ein. Die Historikerin prognostiziert den Aktivistinnen keine aussichtsreiche Zukunft: "Dieser Effekt wird schon bald verpuffen."

Zana Ramadani sieht das anders. "Wenn unsere Aktionen nur eine Person nachdenklich machen, dann haben sie schon etwas gebracht", betont die Rechtsanwaltsfachangestellte, die das Topmodelfinale in Mannheim stürmte. Danach habe sie viele zustimmende E-Mails bekommen. "Und solange wir körperlich und finanziell niemandem mit den Aktionen schaden, können wir ohnehin machen, was wir wollen", erklärt die 29-Jährige. Das sagt sie auch Partei- und Familienmitgliedern. Denn Ramadani kämpft nicht nur an feministischer Front. Seit zwei Jahren ist sie CDU-Mitglied und Vorsitzende der Jungen Union Wilnsdorf (Nordrhein-Westfalen). "Ich bin natürlich auch in der Frauenunion aktiv", ergänzt sie. Und was meinen die Parteifreunde zu ihren Protestaktionen? "Die müssen es hinnehmen. Wilnsdorf ist eine kleine konservative Gemeinde. Aber ich sage den Leuten immer, sie müssen damit leben, was ich tue", so Ramadani.

Ramadanis Aktivismus hinnehmen - das müssen auch ihre Mutter und der Rest der Familie, der aus einem islamischen Kulturkreis stammt. Die CDU-Politikerin hat sich davon "befreit", gehört zu einer "Minderheit", die in der Pflicht steht, "für ihre Schwestern zu kämpfen", wie sie sagt. Für eine Schwester wie die Tunesierin Amina Sboui, die Mitte Mai in ihrer Heimat festgenommen wurde, weil sie das Wort Femen an eine Mauer schrieb. "Josephine, eine unserer härtesten Aktivistinnen, ist hingeflogen, um für Amina zu protestieren", berichtet Ramadani stolz. Josephine kam in Haft. Heute soll in Tunis Gericht gehalten werden. Der Deutschen drohen bis zu sechs Monate Gefängnis.

Via: morgenweb.de


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