Aktivistinnen der sich nicht durch sonderlich intelligente Aktionen auszeichnenden ukrainischen Frauengruppe "FEMEN" haben aus Protest gegen die Verurteilung ein Kreuz gefällt, das aber nichts mit der Russischen-Orthodoxen Kirche zu tun hat
Am Freitag fällten vier FEMEN-Mitglieder (Inna Schewtschenko, Oxana Schatschko, Tanja aus der Ukraine und Xenia aus Kanada) ein Flurkreuz vor dem ehemaligen Oktoberpalast in der ukrainischen Hauptstadt als Zeichen des Protestes gegen die Politik der Russisch-Orthodoxen Kirche und die Verurteilung der drei Politaktivistinnen von "Pussy Riot". Dazu verbreiteten sie eine Presseerklärung mit Fotos, in der sie sich solidarisch mit den Opfern des "Regimes der Popen und des Kremls" erklären. Sie riefen alle "gesunden Kräfte der Gesellschaft" dazu auf, "unbarmherzig die überholten religiösen Vorurteile aus den Hirnen herauszusägen, die der Diktatur als Stütze dienen und die Entwicklung der Demokratie und die Freiheit der Frauen behindern". Dabei warnen sie "Putin und Gundajew" (Kyrill I., der Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats) davor, dass FEMEN im Falle einer Verurteilung von "Pussy Riot" ihre "strafenden scharfen Motorsägen" auf den "Abschaum" lenken, der "für die Leiden der völlig unschuldigen Frauen verantwortlich ist".
Foto von der Kreuzfällaktion. Bild: Femen
Auf den ersten Blick erscheint diese Vorgehensweise in gewisser Weise gerechtfertigt und konsequent, wurden doch "Pussy Riot" für ihr Punk-Gebet in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau verurteilt, in dem sie auf die enge Verquickung von Kreml- und Kirchenpolitik hinwiesen. Bei näherer Betrachtung offenbart sich aber zum wiederholten Male, dass FEMEN eine völlig unreflektiert agierende Gruppe ist.
Das von ihnen erwählte Kreuz steht in keiner Verbindung mit der Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, gegen die sich der Akt eigentlich richten sollte. Im Gegenteil wurde es 2004 während der "Orangen Revolution" von griechisch-katholischen Ukrainern aus dem Westen des Landes in Gedenken an die Opfer der stalinistischen Repressionen errichtet. Das Kreuz stand vor dem Internationalen Zentrum für Kultur und Kunst unweit des zentralen Platzes von Kiew, dem Maidan.
In diesem Gebäude, welches zu Sowjetzeiten "Oktoberpalast" hieß, befand sich nach der Oktoberrevolution bis zum Zweiten Weltkrieg die Zentrale der Tscheka, des späteren NKWD. In den Kellern sollen bis zu 120.000 Menschen erschossen worden sein, darunter viele Priester der Griechisch-Katholischen Kirche aus den 1939 von der Sowjetunion annektierten Gebieten Ostpolens. Warum FEMEN eben dieses Kreuz gewählt haben, werden sie daher demnächst, wie im ukrainischen Fernsehen süffisant bemerkt wurde, der Miliz erklären müssen.
Bislang sind die FEMEN-Frauen bei ihren Aktionen in der Ukraine mit kleineren Ordnungsstrafen und Gefängnis von bis zu 15 Tagen davongekommen. Dieses Mal wird es offenbar nicht dabei bleiben. Die Kiewer Miliz leitete aufgrund dieses vandalistischen Aktes ein Verfahren wegen Gruppen-Rowdytums ein. Damit drohen den Beteiligten bis zu vier Jahre Gefängnis.
Bild: Femen
FEMEN vermeldete bereits "Bullenwillkür" und [http://femen.livejournal.com/220747.html wies] darauf hin, dass ihr Büro in der Nacht zum Sonnabend von Milizangehörigen blockiert wurde und sie sich verfolgt fühlen. Der "Kopf" der Gruppe, Anna Huzol, erklärte in einem Zeitungsinterview, dass man sich derzeit mit zehn Verfahren konfrontiert sehe und bereit sei, in Europa eine Filiale zur Unterstützung der Gruppe zu gründen. Man hoffe im Zweifelsfalle auf Unterstützung aus Europa, obwohl "Europa Timoschenko nichts genutzt habe, doch wir sind nicht Timoschenko". Inna Schewtschenko und Co. verbreiteten ebenfalls, dass sie "nichts bereuen würden und auf jede Entwicklung vorbereitet seien".
Sicherlich werden sich im Falle eines Prozesses gegen FEMEN auch in Europa Unterstützer für die Frauen finden. Diese sollten sich angesichts des zweifelhaften Inhalts der Aktionen von FEMEN genau überlegen, ob sie in diesem Fall gegen "Diktatur und Polizeistaat" oder für "völlige Willkür bei (politischen) Protesten" demonstrieren. An der Stelle des gefällten Kreuzes wurde übrigens schon ein neues provisorisches errichtet.
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37463/1.html
Via: heise.de
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