Ukrainische Frauengruppen protestieren
Am 8. Juni beginnt die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Auf eine der Schattenseiten weist im Vorfeld eine Frauenrechtsgruppe hin: auf die mit der EM Hand in Hand gehende Prostitution.
Aus Kiew,
Karin Koller
Die Vorbereitungen sind großteils abgeschlossen, Stadien gebaut, Hotels rüsten zum Empfang der Gäste. Für die ehemalige Sowjetrepublik Ukraine ist die EM eine Chance, sich als Land in Europa zu präsentieren. Doch nicht alle in der Ukraine sind so euphorisch wie Regierung und Präsident Viktor Janukowitsch. Im Gegenteil, es gibt auch massive Kritik an der Abhaltung der EM in der Ukraine und zwar von Ukrainern, konkret von Ukrainerinnen selbst. Die mittlerweile auch im Westen bekannte Gruppe "Femen", die sich für Frauenrechte einsetzt, zieht gegen die bevorstehenden Spiele zu Felde. Und zeigt auf eine Schattenseite der Spiele, nämlich das sprunghafte Anwachsen der Prostitution im Land.
Protest für Frauenrechte
In einem Hinterhof in der Michailowstraße im Zentrum von Kiew - der Baulärm hier hat nichts mit der Fußball-EM zu tun. Hier wird das Büro von Femen gebaut. Hier wird unser Ausbildungsraum sein, sagt Inna Schevtschenko stolz. Ausbildung z.B. dafür, wie man Polizeikordons umgehen kann.
Femen - das ist eine Gruppe junger Ukrainerinnen, die mit provokanten Aktionen auf die miserable Situation der Frauen in der Ukraine hinweisen: Anfangs haben wir mit Straßentheater versucht, die Menschen aufzurütteln, doch das war einfach nicht genug. Vor 2 Jahren dann haben wir mit den Oben-ohne-Aktionen angefangen und damit sind wir mit einem Schlag bekannt geworden, in der Ukraine aber auch im Ausland. Wir haben verstanden, das ist unsere Form des friedlichen Protests mit dem wir auf unsere Anliegen hinweisen können.
Es geht um Frauenrechte, sagt Inna. Recht auf Einkommen, von dem man leben kann, Recht auf Unabhängigkeit, Recht auf Bildung für Frauen - all das liege bei uns im Argen, sagt Inna.
Das größte Problem derzeit ist aber das rasante Ansteigen der Prostitution im Land im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft: Wenn ich durch Kiew gehe, sehe ich jeden Tag neue Sexclubs, neue Bordelle, neue sogenannte Massage-Institute. Jeder weiß, was das heißt. In der Metro hängen ganz offen Plakate, auf denen jungen Mädchen dubiose Jobs in Tanzlokalen angeboten werden mit enormen Verdienstmöglichkeiten.
Ukraine wird großes Bordell
Für die Aktivistinnen von Femen hat die Euro 2012 aber auch gar nichts mit der Chance zu tun, von der die Regierung gerne spricht: Die Europameisterschaft ist für uns kein Fest des Fußballs, für uns ist es eine Tragödie. Die EM macht aus der Ukraine ein Bordell. Jeder Tourist weiß schon, dass es hier an jeder Ecke billige Sexclubs gibt. Das wird ja alles im Internet beworben. Wir haben an die Verantwortlichen der UEFA appelliert, an unsere politischen Verantwortlichen. Doch die wollen das nicht sehen. Viele profitieren ja von dieser wachsenden Sexindustrie hier, sagt Inna. Dass Prostitution offiziell in der Ukraine verboten ist, macht das Geschäft wohl noch attraktiver.
Das erklärte Ziel der Aktivistinnen von Femen ist es, die EM in der Ukraine zu stören. Mit allen erdenklichen Mitteln, so Inna Schevtschenko.
Staatsgewalt ist alarmiert
Die ukrainische Staatsgewalt hat Femen schon im Visier, Polizei und Justiz versuchen im Vorfeld der EURO die Aktivistinnen aus dem Gefecht zu ziehen: Der Druck von Oben ist enorm, alle Aktionen von uns werden unterbunden. Gegen mehrere Aktivistinnen ist ein Gerichtsverfahren jetzt eröffnet worden, einige von uns dürfen nicht einmal Kiew verlassen.
Doch, betont Inna Schevtschenko, wir von Femen lassen uns davon nicht abschrecken.
22.05.2012
Via: oe1.orf.at
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