Erfolgreicher Kampagnenhöhepunkt mit über 300 TeilnehmerInnen
Am 16. Mai eröffnete in Berlin das lebensgroße Barbie-Puppenhaus begleitet von lautstarken Protesten. Mit Diskussionen, Flugblättern und Treffen mobilisierte Occupy Barbie-Dreamhouse gegen die Eröffnung. Sie organisieren junge Leute, die mit dem herrschenden Rollenbild nicht einverstanden sind und haben noch einiges vor.
von Michael Koschitzki, Berlin
„Das Ding ist ein rosa Messer in den Rücken des Feminismus. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, was letzteres heute eigentlich bedeutet.“ schrieb mir eine Bekannte per SMS über das Barbie-Dreamhouse. Über 300 demonstrierten am 16. Mai nachmittags ab der Weltzeituhr, um diesem Unmut über das Barbie-Dreamhouse Ausdruck zu verleihen. Die OrganisatorInnen hatten moderat mit 100 gerechnet. Ein Polizist mockierte sich kurz vor Beginn „Wenn es nur 49 werden, dürft ihr auf dem Gehweg laufen“. Während die OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen froh waren, hingen ihm die Mundwinkel runter.
Was Feminismus heute auch bedeuten kann, erklärte Julia Götte bei der Auftaktkundgebung. „Wir sollen uns tausend Cremes ins Gesicht klatschen, eine gute Mutter sein und dazu noch perfekt im Job und das Haus perfekt sauber halten. […] Wir wollen nicht, dass uns vorgeschrieben wird, wie wir aus zu sehen haben, um erfolgreich zu sein. Wir wollen aber auch erfolgreich sein können.“
Die Kampagne, die von Linksjugend ['solid] Berlin Kreuzkölln ins Leben gerufen wurde, richtet sich gegen den Schönheitswahn, der sich für alle Frauen verschärft und immer weniger vor Kindern halt macht. Sie kritisieren nicht nur das Barbie-Dreamhouse sondern wendeten sich im Aufruf für die Demonstration auch gegen Niedriglohn, frauenfeindliche Medien und Benachteiligung im Berufsleben. Das machten auch Redebeiträge von der LINKEN und Linksjugend ['solid] deutlich. Die Kampagne ruft auf, sich zu organisieren: „Das Problem ist kein individuelles sondern ein gesellschaftliches. Solange im Kapitalismus davon profitiert wird, dass Frauen weniger verdienen und Hausarbeit verrichten, gibt es ein Interesse an der Benachteiligung von Frauen. Nur organisiert und gemeinsam können wir uns dagegen wehren.“
GewerkschafterInnen gegen das Barbie-Dreamhouse
Als die Demonstration am Streikcamp der Lehrerinnen und Lehrer vorbeizieht, drehen sie ihre Anlage auf und rufen ihre solidarische Unterstützung für die Demo zu. Die GEW hatte im Vorfeld den Aufruf unterstützt und die Demonstration in den Streikkalender aufgenommen. In Berlin streiken die LehrerInnen für eine Lehrerentgeltordnung und bessere Arbeitsbedingungen. Der Streik dauert die ganze Woche und dafür wurde ein Camp am Roten Rathaus eingerichtet. Ines Schwerdtner von der jungen GEW hielt bei der Demonstration gegen das Barbiehaus eine Rede.
Auch von der Charité gibt es solidarische Grüße an die Demonstration. Stephan Gummert von der ver.di Betriebsgruppe kritisierte das Frauenbild, dass auch durch Spielzeug von Krankenpflegerinnen gemalt wird. Frauen werden für harte Pflegearbeit herangezogen und verdienen sogar noch weniger als Männer.
Friedliche Demonstration
Die friedliche Demonstration zog einmal um das Barbiehaus herum. Die Demonstranten richteten sich an die Kinder im Haus klatschten und riefen Sprüche zum Barbiehaus. Die Polizei verhaftete kurzzeitige eine Person wegen angeblicher Sachbeschädigung. Entlang der Strecke waren Sticker gegen das Barbie-Dreamhouse aufgetaucht. Der Veranstalter vom Barbiehaus versuchte seit Beginn den Protesten Gewaltbereitschaft zu unterstellen. Zu Beginn verbreiteten sie das Gerücht jemand wäre mit einem brennenden Kreuz ins Haus gerannt. Später stellte sich heraus, dass niemand mit irgendwas im Haus war, sondern eine Frau umgeschubst wurde, als die Security rabiat gegen eine Femen-Aktivistin vorging.
Diese Aktivistin dominierte jedoch auch die Presseberichte über die Proteste gegen das Barbiehaus. Stevie Schmiedel von pinkstinks, die auch die Demonstration unterstützte schrieb auf Facebook: „Hunderte von Interviews gegen Barbie. Tolle, friedliche Stimmung. Eine aggressive Femen-Aktivistin, zwei Verletzte, und die Richtung der Presse ist klar. Wir sind wütend und traurig. Das ist weder kollegial noch feministisch – und das alles am Nachmittag, als Schulkinder dabei waren. Muss das sein? Femen, es reicht!“
Das ganze wirft ein Licht auf den falschen Ansatz der Initiative Femen, aber auch auf die Presse, die bewusst dann darüber berichtet als über die wirkliche Bewegung gegen das Barbiehaus. Es zeigt, dass wir uns nicht auf die Presse verlassen können, sondern nur effektiv sind, wenn wir mit vielen gemeinsam und organisiert gegen Frauendiskriminierung protestieren.
Wie weiter?
Deshalb wird Linksjugend ['solid] auch weiter machen, junge Frauen und Männer für den Kampf gegen Frauendiskriminierung und Unterdrückung zu organisieren. Überlegungen sind zur Demonstration gegen Sexismus in der Werbung am 1. September eine Kampagne zu machen. Für Linksjugend ['solid] spielt aber auch eine Rolle, Feminismus als Thema in Wahlkampfzeiten zu setzen und dazu Aktionen zu machen. Viele Aktivistinnen und Aktivisten haben mitgeholfen die Kampagne zu einem Erfolg zu machen. Wenn ein großer Teil von ihnen weiter macht, ist das ein wichtiger Schritt richtig was zu verändern.
Veranstaltung mit Franziska Sedlak von Occupy Barbie-Dreamhouse bei dem Berliner Sozialismustag Samstag 8. Juni 14 Uhr:
Wie können wir Sexismus und Gewalt gegen Frauen wirksam bekämpfen?
Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Veranstaltung mit Julia Götte von Occupy Barbie-Dreamhouse auf dem Hamburger Sozialismustag Samstag 8. Juni 16 30 Uh:
Feminismus jetzt! Widerstand organisieren nach dem Rollback!
Brüderle Co sind nicht die Einzigen, die in einer Debatte über Sexismus zu Wort kommen sollen. Gerade bilden sich international neue Gruppen, Bewegungen und Ideen zum gemeinsamen Widerstand. Dem Sexismus massenhaft Solidarität entgegensetzen – organisiert aktiv werden gegen Gewalt gegen Frauen, sexistische Angriffe, Barbie Dreamhouse und Mario Barth!
Podiumsdiskussion mit Emma Quinn (Aktivistin der Kampagne ROSA, Irland), Leonie Milionis (SAV Hamburg), Julia Götte (Aktivistin von Occupy Barbie Dreamhouse, Berlin)
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Via: sozialismus.info
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