Lille. Es war eine spektakuläre Begrüßung, die Dominique Strauss-Kahn am Dienstag in Lille erfuhr. Drei Femen-Aktivistinnen mit nacktem Oberkörper empfingen den ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor dem Gerichtsgebäude der nordfranzösischen Stadt. Eine von ihnen sprang sogar auf den schwarzen Audi des früheren sozialistischen Spitzenpolitikers, bevor er in der Tiefgarage verschwand. "Zuhälter-Kunden schuldig sprechen", stand in schwarzer Schrift auf den Oberkörpern der Frauen, die von der Polizei gestoppt und weggetragen wurden.
Nach den Szenen vor dem Justizpalast verlief der Auftritt des 65-Jährigen vor Gericht wie erwartet: Der einst mächtigste Mann der Finanzwelt wiederholte, was er bereits vorher zu Protokoll gegeben hatte. Er habe nicht gewusst, dass die Frauen, die er bei seinen Sexpartys traf, Prostituierte waren. Weder ein Verbrechen noch ein Vergehen habe er begangen. "Ich sehe mich nicht als Organisator der Abende", zitiert der Fernsehsender BFMTV die Aussage des einstigen Hoffnungsträgers der Sozialisten. Dem prominenten Angeklagten, der sich zusammen mit 13 anderen Angeklagten verantworten muss, wird schwere gemeinschaftliche Zuhälterei vorgeworfen. Er soll der "Partykönig" gewesen sein, für den die Orgien damals organisiert wurden.
Mehrmals traf er sich zu Sexpartys mit bekannten Persönlichkeiten von Lille, organisiert von der Führungsspitze des Luxushotels Carlton. Vier solcher freizügigen Treffen habe es pro Jahr gegeben, präzisiert Strauss-Kahn, der in Frankreich nach seinen Initialen nur DSK genannt wird. Drei Jahre lang hätten die Soirées stattgefunden, also zwölf insgesamt. Die Partys fallen in eine Zeit, in der DSK bereits Chef des Internationalen Währungsfonds war. Seine Freunde, darunter der frühere Polizeichef Jean-Christophe Lagarde und der Bauunternehmer David Roquet, trafen sich mit den Callgirls auch in Washington, wo der IWF seinen Sitz hat. Eine der Frauen, die mit Strauss-Kahn Kontakt hatte, sagte am Dienstag erneut aus. "Brutal, aber einvernehmlich", sei der Sex mit dem weißhaarigen Mann gewesen, gab BFMTV die Schilderung der früheren Prostituierten Mounia wider. Sie habe viel geweint bei jener Begegnung im Pariser Hotel Murano, während DSK die ganze Zeit ein zufriedenes Lächeln gezeigt habe. Von Geld sei nie die Rede gewesen, da Roquet hinterher die Rechnung beglichen habe. 100 000 Euro sollen die Soirées die Unternehmer gekostet haben, die den mächtigen Finanzexperten dazu einluden.
DSK soll um Dienste von Prostituierten gewusst haben
Mounia wie andere Zeuginnen sind der Meinung, dass ihr prominenter Kunde durchaus wusste, mit welcher Art Frauen er es zu tun hatte - auch wegen der Praktiken, die er anwandte. "Es ist klar, dass sie schwer gelitten hat und dass es sich um Prostitution handelt", interpretierte der Anwalt der Zivilkläger, David Lepidi, die Aussage Mounias. Doch das Gericht, das DSK noch am Mittwoch und Donnerstag befragt, muss ihm Zuhälterei nachweisen, um ihn verurteilen zu können. Maximal zehn Jahre Haft und eine Geldstrafe von 1,5 Millionen Euro stehen auf schwere gemeinschaftliche Zuhälterei.
Bisher wurde Strauss-Kahn noch nie wegen einer Sex-Affäre zur Verantwortung gezogen. Das Zivilverfahren mit der New Yorker Hotelangestellten Nafissatou Diallo, die ihm versuchte Vergewaltigung vorwarf, endete mit einer millionenschweren Entschädigung. Und im Falle der französischen Publizistin Tristane Banon, die DSK ebenfalls der sexuellen Aggression beschuldigte, waren die Ereignisse bereits verjährt.
Via: volksfreund.de
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