Tunis/Hamburg - Nach vier Wochen in einem tunesischen Gefängnis ist die wegen eines Oben-Ohne-Protests verurteilte deutsche Studentin wieder auf freiem Fuß.
Die 20-jährige Josephine M. sowie zwei französische Mitstreiterinnen der Frauenrechtsgruppe Femen wurden in der Nacht zum Donnerstag aus der Haftanstalt in Tunis entlassen. Mit dem ersten Flug reisten sie wenig später nach Paris.
Kurz zuvor hatte ein Berufungsgericht ihre viermonatige Freiheitsstrafe nach Reuebekundungen zur Bewährung ausgesetzt. "Der Richter hat Milde walten lassen", sagte die Anwältin Leila Ben Debba zu der Verurteilung wegen "unsittlichen Verhaltens".
Nach ihrer Ankunft in Paris erklärten die drei Frauen, nur aus Sorge um ihre Gesundheit Reue gezeigt zu haben. "Wir wussten, wenn wir länger als einen Monat geblieben wären, hätten sie uns komplett zerstört", sagte Josephine M. zu den Haftbedingungen. Das Essen für die rund 30 Gefangenen in ihrer Zelle sei in Eimern serviert worden. Überall habe es Kakerlaken gegeben. Der physische und psychische Druck sei jeden Tag größer geworden, erklärte die Philosophiestudentin aus Hamburg.
Die drei Femen-Mitglieder hatten am 29. Mai vor dem Justizpalast in der Hauptstadt Tunis ihre Oberkörper entblößt und laut schreiend gegen die Inhaftierung einer tunesischen Aktivistin demonstriert. Diese soll unter anderem einen Femen-Schriftzug auf eine Friedhofsmauer gesprüht haben. In erster Instanz waren die selbst ernannten "Sextremistinnen" wegen der Protestaktion zu vier Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden.
Über Facebook kündigte die Frauenrechtsgruppe an, nun weiter um die Freilassung ihrer tunesischen Mitstreiterin zu kämpfen. "Jetzt gilt es mit aller Kraft auch Amina weiterhin zu unterstützen und sie aus den Fängen der tunesischen Justiz zu befreien. Amina, du bist nicht allein! Wir kämpfen weiter!", heißt es auf der Facebook-Seite. Außerdem posteten die Aktivistinnen ein Foto, das die drei freigelassenen Aktivistinnen am Pariser Flughafen zeigt.
Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, zeigte sich erleichtert. "Ich freue mich für die drei Frauen, dass sie das Gefängnis verlassen konnten. Unsere Aufmerksamkeit muss aber jetzt Amina Sbouï und den Frauen in Tunesien gelten", sagte der FDP-Politiker am Donnerstag. Die tunesische Femen-Aktivistin sitze seiner Meinung nach ungerechtfertigterweise in Untersuchungshaft.
Wann Josephine M. nach Deutschland weiterreist, war zunächst unklar. "Ich weiß es noch nicht", sagte sie am Donnerstag in Paris. Die Hamburgerin hatte in dem Verfahren stets beteuert, sie habe mit ihrem barbusigen Auftritt die Gefühle der Tunesier nicht verletzten wollen. Die Argumentation fiel allerdings schwer, da sie bei ihrem Oben-Ohne-Auftritt mehrmals "Fuck your morals" gerufen hatte. Auf Deutsch bedeutet dies - etwas vornehmer ausgedrückt - "Wir pfeifen auf Eure Moralvorstellungen".
Während der Berufungsverhandlung bedauerten Frauenrechtlerinnen an diesem Mittwoch nun erstmals ihren Auftritt mit nacktem Oberkörper. Zudem versprachen die jungen Frauen, eine solche Aktion nicht zu wiederholen. "Unsere Aktivistinnen scheinen in Haft einem beispiellosen psychischen Druck ausgesetzt gewesen zu sein", kommentierte die französische Femen-Gruppe im Internet. Der Kampf mit nackten Brüsten werde fortgesetzt, weil die tunesische Aktivistin Amina weiter im Gefängnis sitze.
In Tunesien hatte die Verurteilung der jungen Europäerinnen kaum für Proteste gesorgt. Beobachter in Tunis verwiesen darauf, dass das muslimische nordafrikanische Mittelmeerland bei aller Liberalität und Zugewandtheit zu Europa sehr wertkonservativ sei.
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