. Pauline war sich bewusst, dass sie ihre Gesundheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzte, als sie sich vor einem halben Jahr "Femen France" anschloss. "Total und radikal" nennt die 27-jährige Französin ihr Engagement für die militante Frauenrechts-Gruppe, die 2008 in der Ukraine gegründet wurde und inzwischen Ableger in ganz Europa eröffnet hat.
Markenzeichen von "Femen" sind barbusige Aktionen, um gegen Diskriminierung, diktatorische Regime, Religionen oder Rechtsextremismus zu protestieren. Ihre nackten Oberkörper bemalen die Frauen mit Slogans, laut skandierend halten sie Spruchbänder hoch und setzen sich Sicherheitskräften zur Wehr. "Ich war kein hartes, mutiges Mädchen, bis ich zu Femen kam", erzählte Pauline Hillier noch vor wenigen Wochen im Femen-Hauptsitz in Paris.
Für ihre Risikobereitschaft bezahlt sie teuer: Ende Mai wurden sie, ihre 23-jährige Landsmännin Marguerite Stern und die 19-jährige Deutsche Josephine Markmann festgenommen. Und zwar bei einer Solidaritäts-Aktion vor dem Justizpalast in Tunis für die 18-jährige Tunesierin Amina Sboui, die gegen eine Salafisten-Versammlung protestiert hatte. Heute erwartet die drei Europäerinnen ihren Prozess wegen "unzüchtigen Verhaltens". Ihnen drohen bis zu sechs Monate Haft. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Besuch des tunesischen Ministerpräsidenten Ali Larayedh einen "fairen und vernünftigen Umgang" angemahnt.
Unumstritten sind die Methoden der selbst ernannten "Sextremisten" allerdings nicht. In Frankreich halten die meisten Feministinnen Abstand zu den amazonenhaft auftretenden "Femen"-Aktivistinnen, die statt auf intellektuell unterfütterte Debatten auf plakative Aktionen setzen. "Unsere Brüste sind unsere Waffen", erklärt "Femen France"-Chefin Inna Shevchenko: Im August 2012 floh die Ukrainerin nach Frankreich: Zur Unterstützung der drei inhaftierten Mitglieder der russischen Punkrock-Band Pussy Riot hatte sie ein orthodoxes Holz-Kreuz umgesägt. In Paris baut sie seither eine professionelle Struktur in einem ehemaligen Theater auf, das "Femen" zur Verfügung gestellt wurde. Ein harter Kern trifft sich hier täglich, um Aktionen zu planen. Samstagnachmittags findet das "Femen-Training" statt, eine Mischung aus Stimm-, Kampfsport- und Fitnessübungen. Ohrenbetäubend laut üben die Aktivistinnen Slogans ein, rangeln miteinander, powern sich aus. "Wir sind aggressiv, aber nie gewalttätig", trichtert Inna ihren Mitstreiterinnen ein. Journalisten sind hoch willkommen.
Werden sie fotografiert, setzen sich die Frauen einen Plastikblumenkranz ins Haar und einen kämpferischen Gesichtsausdruck auf: Bloß nicht nett lächeln. Ihr entspreche ein Engagement, das von der Theorie direkt zur Aktion gehe, hatte Pauline noch erklärt: "Wir wollen aufrütteln." Eine Handvoll Frauen sind wie sie hauptberufliche Feministinnen. Die Gruppe finanziert sich durch Spenden, den Verkauf von T-Shirts oder Accessoires. Ihr Einsatz für "Femen" sei eine Lebensentscheidung, so Pauline. "Wir kämpfen, bis es kein Patriarchat mehr auf der Welt gibt." Sie stellt sich auf einen langen Kampf ein.
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