EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigt sich "überrascht von der Härte der Urteile" - Deutscher Menschenrechtsbeauftragte wird nach Tunis reisen
Tunis/EU-weit - Die Urteile der tunesischen Justiz gegen drei Aktivistinnen der Frauenrechtsorganisation Femen aus Deutschland und Frankreich haben in Europa Besorgnis ausgelöst. Sie sei "überrascht von der Härte der Urteile", die auf jeweils vier Monate und einen Tag Haft lauten, ließ die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Donnerstag mitteilen. Eine Femen-Vertreterin sagte, derzeit würden rechtliche Schritte gegen den Richterspruch vorbereitet.
"Normalerweise kommentiert die EU juristische Entscheidungen nicht", ließ Ashton weiter mitteilen. Sie wolle aber "über die Affäre Femen hinaus ihre Appelle zur Stärkung der Meinungsfreiheit bekräftigen". Dies gelte insbesondere mit Blick auf die "Ziele der tunesischen Revolution".
Menschenrechtsbeauftragter besucht Aktivistinnen
Auch die deutsche Bundesregierung zeigte sich besorgt. "Der Rechtsbeistand der drei Frauen hat entschieden, gegen das Urteil Berufung einzulegen", teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin mit. Die deutsche Botschaft in Tunis werde die Femen-Aktivistin Josephine Markmann, die mit zwei französischen Mitstreiterinnen verurteilt worden war, "weiter konsularisch betreuen und das Verfahren aufmerksam verfolgen".
Aus Kreisen des Auswärtigen Amts hieß es weiter, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), werde in den kommenden Tagen nach Tunesien reisen. Er wolle bei dieser Gelegenheit den Aktivistinnen in der Haft einen Besuch abstatten.
Alexandra Schewtschenko, Femen-Aktivistin und Betreiberin der deutschsprachigen Internetseite www.femen.de, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei weiterhin "sehr schwer, Zugang zum Gefängnis zu erhalten". Dies gelte "auch für die französischen Anwälte".
Berufungen werden vorbereitet
Die französische Regierung hatte nach der Urteilsverkündung bereits ihr Bedauern über die Entscheidung zum Ausdruck gebracht. Schewtschenko sagte weiter, noch sei Femen dabei, "die Berufung gegen das Urteil vorzubereiten". Auch seien "Beschwerden vor europäischen Gerichten" geplant.
Wegen einer barbusigen Protestaktion waren Markmann und zwei französische Femen-Aktivistinnen am Mittwoch verurteilt worden. Die Frauen hatten Ende Mai vor dem Justizpalast in Tunis mit nackten Oberkörpern gegen die Inhaftierung einer tunesischen Femen-Aktivistin protestiert.
Die Protestaktion richtete sich gegen die Inhaftierung der Aktivistin Amina Sboui. Die Tunesierin war zehn Tage zuvor in Gewahrsam genommen worden, weil sie auf eine Mauer nahe dem Friedhof der Stadt Kairouan das Wort "Femen" geschrieben hatte, um gegen eine Versammlung von Salafisten zu protestieren.
"Muss sich auf alles Mögliche gefasst machen"
In einem weiteren Prozess um die Meinungsfreiheit in Tunesien äußerte sich am Donnerstag der Rapper Ala Yaâcoubi alias Weld El 15 besorgt. Er habe "Angst, weil in einem Land wie Tunesien das Recht nicht angewandt wird", sagte er. "Man muss sich auf alles Mögliche gefasst machen", fügte er hinzu.
Yaâcoubi wird vorgeworfen, in einem Video die tunesische Polizei beleidigt zu haben. In einem ersten Prozess wurde er im März bereits in Abwesenheit zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er entschied daraufhin, sich zu stellen, woraufhin ein neuer Prozess gegen ihn begann. Das Urteil wird bald erwartet. (APA, 13.6.2013)
Via: diestandard.at
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