Fotostrecke: Blanker Busen gegen Missstände - Frauenprotest in Ukraine
Die Herbertstraße auf der Reeperbahn ist Hamburgs bekannteste Puff-Meile. Nur Männer dürfen hier rein. Aktivistinnen der ukrainischen Frauenrechtsorganisation Femen haben davor gegen Sex-Ausbeutung demonstriert...:
Die Herbertstraße auf der Reeperbahn ist Hamburgs bekannteste Puff-Meile. Nur Männer dürfen hier rein. Aktivistinnen der ukrainischen Frauenrechtsorganisation Femen haben davor gegen Sex-Ausbeutung demonstriert...
Inna Schewtschenko sitzt in der Femen-Zentrale in Kiew vor einer Wand voller Zeitungsartikel über ihre Aktionen.
Foto: ddp images/dapd/Nigel Treblin
Die Fakten
Die ukrainische Feminismus-Gruppierung Femen wurde 2008 in Kiew gegründet. In der Öffentlichkeit ist sie vor allem für ihre provokanten Oben-Ohne-Proteste bekannt. Bunt, radikal und nackt: Nur so ließe sich Aufmerksamkeit generieren und etwas verändern, sind sich viele der Mitglieder sicher. Es ist Risiko und Chance zugleich, denn wer sich freimacht zieht zwar den Zorn der Staatsgewalt, aber auch die Objektive der Medien auf sich - ein mittlerweile unentbehrlicher Schutzmechanismus für die Frauen.
Aktuell gehören Femen etwa 40 Nackt- und 300 bekleidete Aktivistinnen an. Von der ukrainischen Justiz wird die Organisation nicht als solche anerkannt, weil sie die Rechte der Frauen über die der Männer stellen und deshalb als die öffentliche Ordnung störend eingestuft werden könne. Laut eigenen Angaben laufen derzeit acht Verfahren gegen Femen. Bei Vollstreckung könnten viele der Frauen innerhalb kurzer Zeit im Gefängnis landen. Sie selbst glauben vom Geheimdienst systematisch überwacht zu werden.
Die Frauen
Gründerin Anna Gutzol (27) hält die Fäden in der Hand, managte einst Rockgruppen auf Tour. Sie rief Femen ins Leben, um jungen Ukrainerinnen eine Stimme zu geben. Neben ihr ist Inna Schewtschenko das prominenteste Gesicht der Organisation. Die aus der Hafenstadt Cherson stammende 21-Jährige hat Publizistik studiert und landete für ihre Protestaktionen schon mehrfach hinter Gittern. Weil Femen nicht anerkannt ist, kann die Gruppe Demonstrationen nicht offziell anmelden und ist deshalb der Willkür der Ordnungskräfte ausgesetzt.
Neben Schewtschenko gibt es noch drei weitere Anführerinnen: Yana Zhdanova, Alexandra Schewtschenko und Oksana Schatschko. Sie allen leben für den Protest, haben ihre Jobs verloren. Geld für ihre Proteste verdienen sie über den Verkauf von T-Shirts und anderen Fanartikeln sowie über Spenden.
Die Themen
Femen setzt sich in erster Linie für die Stärkung von Frauenrechten ein. Die Aktivistinnen demonstrieren gegen Sexismus und Sextourismus - und das nicht nur in ihrer Heimat Ukraine. Auch gegen Silvio Berlusconi in Italien und Dominique Strauss-Kahn entblätterten die Feministinnen sich bereits öffentlichkeitswirksam. In Deutschland sorgten sie jüngst auf der Hamburger Reeperbahn für Aufsehen.
Auf der Agenda von Femen stehen außerdem Menschenhandel, Korruption und Wahlfälschungen, weshalb sie auch schon Nachbarland Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin angriffen. Selbstredend ist ihnen das autoritäre Regime des eigenen Staatsoberhauptes Viktor Janukowitsch ein Dorn im Auge. Die EM 2012 wollte Femen als internationale Bühne nutzen, um auf Missstände vor Ort aufmerksam zu machen.
Sicherheitsbeamte greifen gegen Femen für gewöhnlich hart durch - wie hier bei dem Versuch, die EM-Trophäe zu stehlen.
Foto: dpa/Sergey Dolzhenko
Die Euro-Aktionen
Bereits vor Beginn des sportlichen Großereignisses im eigenen Land trugen die Frauen von Femen ihre Botschaft zur EM in die Welt: Mit dem Spruch «Fuck Euro 2012» auf der blanken Brust machte eine der Aktivistinnen Mitte Mai Schlagzeilen, als sie - als Touristin getarnt - zum ausgestellten EM-Pokal in Kiew vordrang, sich entblößte und versuchte, die Trophäe mitzunehmen. Sie wurde von Sicherheitskräften überwältigt. Ende Mai wiederholte sich das Szenario in Lemberg, dann noch einmal in Dnipropetrowsk.
Femen befürchtet, dass durch die EM die Sex-Industrie im Land nur noch weiter angekurbelt werde - nicht nur eine Erniedrigung für betroffene Ukrainerinnen, sondern auch ein gesundheitliche Gefahr. Denn die Ukraine ist das Land mit den meisten HIV-Neuinfektionen in Europa. Gegen Zwangsprostitution ging Femen daher mehrfach vor den großen Stadien der Ukraine und Polen, vornehmlich in Kiew und Warschau, auf die Barrikaden. Die Demos wurden meist innerhalb weniger Minuten unsanft beendet.
Nicht nur unsanft, sondern regelrecht gewaltsam sollen drei Aktivistinnen Mitte Juni inmitten der EM bei einer geplanten Protestaktion verschleppt und verhört worden sein. Das zumindest werfen die Frauen den Behörden im Spielort Donezk vor. Die Polizei bestätigte lediglich zwei kurzzeitige Festnahmen. Dennoch erinnerte der Vorfall an eine Situation in Weißrussland, wo Femen-Mitglieder Ende 2011 gegen den dortigen Machthaber Alexander Lukaschenko demonstriert hatten, anschließend gekidnappt und bedroht worden waren. Damals kamen sie nur auf Hinwirken des ukrainischen Außenministeriums frei.
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Zwischen Nackt-Demos, Prügel und Knast -
Lesen Sie auf SEITE ZWEI, was Femen für die Zukunft plant
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Via: news.de
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