Brüste als Waffen

Erst wenige Meter vor Kremlchef Wladimir Putin reißt ein Sicherheitsmann die junge Frau zu Boden. Fotos und Videos der Oben-ohne-Attacke von fünf Aktivistinnen der Frauengruppe Femen auf den russischen Präsidenten in Hannover gingen um die Welt.

Die Ukrainerin ist im Stress. Ständig klingelt das Handy, nebenbei tippt sie Mails. „Frauen sind noch immer Sklaven“, begründet die junge Frau ihren barbusigen Einsatz. „Unsere Brüste sind unsere Waffen“, lautet das Motto der selbst ernannten „Sextremistinnen“. „Wir wollen Femen überall verbreiten, auf der ganzen Welt“, kündigt Schewtschenko selbstbewusst an. In Paris gibt es schon einen größeren Ableger, auch in Deutschland ist die Gruppe seit ein paar Monaten aktiv. 20 bis 30 Frauen beteiligen sich hierzulande an Protesten gegen die Sexindustrie oder Genitalverstümmelung.

„Das ist eine junge, frische Art von Feminismus, die über einfachen Gedankenaustausch hinausgeht“, begründet die deutsche Aktivistin Klara ihre Teilnahme. „Beim ersten Ausziehen war schon eine Hemmschwelle da.“ Am Ende siegte der Wille, ein Zeichen zu setzen. Nun war die 22-Jährige auch bei der Aktion gegen den „Diktator“ Putin dabei. „Das war eine Sache von Sekunden, da hat man nur ein Ziel.“

Neugierig auf Femen wurde sie durch die Nackt-Proteste in der Ukraine gegen die Fußball-Europameisterschaft 2012. Neuerdings ziehen die „Femen-istinnen“ auch immer öfter gegen Islamismus und die angebliche Unterdrückung muslimischer Frauen ihre T-Shirts aus. Aus den Aktivistinnen sind längst knallharte PR-Frauen in eigener Sache geworden: „Wenn man dich nicht im Fernsehen zeigt, dann warst du überhaupt nicht da“, urteilt Anführerin Anna Guzol (28).

Auch Gründungsmitglied Alexandra Schewtschenko gibt sich abgehärtet, wenn sie überwältigt wird. „Als es das erste Mal passiert ist, hatten wir Tränen in den Augen“, erzählt sie. „Jetzt konzentrieren wir uns auf das Wesentliche.“ Rollenspiele und Training sollen die Frauen auf den Körperkontakt mit Polizei oder Security vorbereiten.

In ihrem osteuropäischen Heimatland ist Femen schon seit Jahren bekannt – und umstritten. „Kein Kommentar“, heißt es etwa bei der Frauenrechtsorganisationen La Strada. Femen setze mehr auf Effekte denn auf Inhalte, meinen Kritiker. „Die Frauen werden inzwischen nur noch als diese jungen hübschen Dinger aus der Ukraine wahrgenommen, die sich überall ausziehen“, warnt die renommierte Autorin Oxana Sabuschko.

So nackt sie sich auf Gegner stürzen, so zugeknöpft gibt sich die Gruppe bei Fragen nach ihrer Finanzierung. Schewtschenko ist wie ihre Schwester Inna (22) eine Vollzeit-„Femen-istin“. Das Geld dafür komme aus Spenden und Einnahmen aus ihrem Fanshop, sagen sie. Als Markenzeichen dient das Femen-Logo – zwei stilisierte Brüste in den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb. Bestseller sei ihr „Boobs Print“: ein farbiger Brust-Abdruck, Autogramm inklusive.

Immer spektakulärer, immer radikaler: Kritiker werfen der Gruppe vor, über das Ziel, ein Schlaglicht auf die Unterdrückung von Frauen zu werfen, hinauszuschießen. Zeichnungen auf der Femen-Internetseite zeigen, wie barbusige Frauen triumphierend abgehackte Hoden in die Höhe recken. Auch der neue Papst Franziskus wird in einer Karikatur Opfer einer Kettensägenattacke. Religion ist für Femen ein rotes Tuch – ebenso wie Putin oder „Macho-Politiker“ wie Silvio Berlusconi.

Ihr Hauptquartier schlägt die Gruppe nach der Gründung am 10. April 2008 im Kiewer Künstler-Café Kupidon auf. Mittlerweile treffen sich die Frauen aber lieber in ihrem mit einer Eisentür verrammelten Büro. Angeblich hört der Geheimdienst ihre Handys ab.

Dabei hat die Gruppe in den ersten Jahren eher als Spaßguerilla von sich reden gemacht, die in dem armen Land vor allem auf soziale Themen wie fehlende öffentliche Toiletten aufmerksam macht. Spätestens aber als Inna Schewtschenko im Sommer 2012 aus Protest gegen die Verurteilung der russischen Punkband Pussy Riot mit einer Kettensäge ein Holzkreuz in Kiew fällt, schlägt die Stimmung auch bei wohlwollenden Ukrainern um. Alexandra Schewtschenko verteidigt die „Oben-ohne-Methode“. Als die Frauen anfangs angezogen demonstrierten, seien sie nicht wahrgenommen worden. Doch auch mit nacktem Busen, so meinen Experten in Kiew, habe die Gruppe nachhaltig bislang nichts bewirkt.

Via: suedkurier.de


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