Schrecksekunden für Mario Draghi sechs Minuten nach Beginn der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main: Eine Femen-Aktivistin springt auf das Podium, wirft dem EZB Präsidenten Konfetti ins Gesicht und ruft auf Englisch "Stoppt die EZB-Diktatur".
EZB-Präsident Mario Draghi wurde sofort von Personenschützern aus dem Raum geführt. Die junge Frau wurde von Sicherheitsleuten festgehalten und abgeführt. Auf ihrem T-Shirt war der Aufdruck "ECB Dick-Datorship" zu lesen. Nach einer kurzen Unterbrechung der Pressekonferenz setzte Draghi offensichtlich unbeeindruckt seine Ausführungen zu den Entscheidungen des EZB-Rats fort.
Leitzins bleibt unverändert
Dass EZB Präsident Mario Draghi bei der dritten geldpolitischen Sitzung in diesem Jahr keine Änderung des Leitzinses, der sich bereits seit September 2014 mit 0,05 Prozent auf einem historischen Tief befindet verkündete, überraschte die Finanzwelt nicht.
Auch will die EZB will den Kauf von Staatsanleihen in vollem Umfang weiter fortsetzen – und das, obwohl sich die Konjunkturaussichten gebessert haben. Seit März kaufen EZB und Nationalbanken monatlich für rund 60 Mrd. Euro Wertpapiere auf. Bis September 2016 soll das Programm, das insgesamt einen Umfang von über eine Billion Euro hat, andauern. EZB-Präsident Draghi zog heute eine erste positive Zwischenbilanz des unter Fachleuten umstrittenen Programms.
"Es gibt klare Anzeichen dafür, dass die geldpolitischen Schritte, die wir eingeleitet haben, wirksam sind."
Mario Draghi, EZB-Chef
Am 22. Januar hatte Draghi das Aufkaufprogramm für öffentliche Anleihen (QE-Programm), insbesondere von Staatsanleihen vorgelegt. Auch Veränderung des Einlagenzinses - derzeit liegt er bei minus 0,20 - wird es vorerst nicht geben. Sparer werden sich deshalb nach wie vor mit einer minimalen Verzinsung ihrer Guthaben begnügen müssen.
Weitere 800 Millionen Euro für Griechenland
Nichts scheint vorwärts zu gehen in Sachen Griechenland. Und die Zeit wird knapp: der Staatsbankrott rückt immer näher. Riskiert die griechische Regierung den Grexit? Was wollen die Griechen wirklich?
[mehr - Bayerisches Fernsehen | zum Artikel: Griechisches Roulette - Worauf setzt Tsipras? ]
Mario Draghi setzt weiterhin auf Notfallhilfen für Griechenland. Er habe, so sagte er heute, ELA-Hilfen (Emergency Liquidity Assistance) für die Institute gebilligt und werde dies weiter tun, solange die Banken solvent seien und angemessene Sicherheiten hätten.
Die EZB hat weitere ELA-Notkredite in Höhe von 800 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die ELA Kredite für Griechenland befinden sich damit jetzt insgesamt auf 74 Milliarden Euro.
Die ELA-Finanzhilfen würden entsprechend der EZB-Regeln vergeben. Möglich ist allerdings, dass die Sicherheiten bald nicht mehr im gleichen Umfang akzeptiert werden. Auf der Sitzung des EZB-Rates ist über Abschläge auf Sicherheiten griechischer Banken diskutiert worden. Finanzexperten bezweifeln, dass die Rechnung, Griechenlands Wirtschaft durch expansive Geldpolitik anzukurbeln, aufgeht.
Sinn: "Grexit einziger Ausweg"
Weitere ELA-Hilfen sind für Prof. Hans-Werner Sinn vom Münchner ifo Institut nichts anderes als das Anwerfen der der Notenpresse. Einen Ausweg aus der Krise sieht Sinn nur noch im so genannten "Grexit", im Austritt Griechenlands aus der Eurozone und einer Rückkehr zur Drachme.
"Wenn man die Griechen drin hält, dann ist das ein ewiges Siechtum, sie sind nicht wettbewerbsfähig. Sie sind dauerhaft angewiesen auf neues Geld, welches von außen geschenkt wird, oder als Kredit gegeben wird und der Kredit wird dann erlassen. Die Gläubiger würden ihr Geld ohnehin nicht wieder sehen, wenn Griechenland austrete, hätten sie wenigstens eine gewisse Chance, dass wenigstens ein Teil zurückkommt, weil das Land ja wettbewerbsfähig würde."
Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner ifo-Instituts
Anders als die EZB wollen die Finanzminister der Euro-Zone, die sich Ende April in Riga treffen werden, wohl keine weitere Zahlung an Griechenland freigeben. Der Grund: Bisher soll es kein Signal aus Athen geben, die von der Euro-Zone geforderten Privatisierungen anzugehen. Börsenexperte Frank Lehmann hält den expansiven geldpolitischen Kurs der EZB für den richtigen Weg. Er hält nichts von einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone.
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