Geballte Fäuste, entblöste Brüste und auf die Haut gemalte, provokante Sprüche sind ihr Markenzeichen - und Garant für die öffentliche Aufmerksamkeit. Das nutzen die Femen-Frauen, um auf Themen wie Kinderhandel und Rassismus, vor allem aber Frauenunterdrückung und Sexismus aufmerksam zu machen.
Formiert haben sich die Femen 2008 in der Ukraine, mittlerweile zählen sie nach eigenen Angaben mehr als 200 Mitglieder weltweit. Sie haben in der Vergangenheit schon mit einigen Aktionen Aufsehen erregt: Etwa, als sie bei der diesjährigen Berlinale den roten Teppich stürmten, oder als sie im vergangenen Jahr durch die Hamburger Bordellzeile Herbertstraße zogen, um gegen Prostitution zu protestieren.
Der etwas andere Jihad
Ihre jüngste Aktion nennt sich "Oben-ohne-Jihad" und richtet sich gegen Islamismus, wie sie sagen. Alles begann damit, dass eine junge Tunesierin, die sich selbst auch als Femen-Aktivistin bezeichnete, im März 2013 Bilder von sich online stellte - auf denen ihre nackten Brüste zu sehen waren. Auf ihre Haut hatte Amina Tyler geschrieben: "Mein Körper gehört mir, und er ist nicht Quelle der Ehre von irgendjemandem."
Femen vor der tunesischen Botschaft in Mailand
Als ein ultrakonservativer muslimischer Prediger ihren Tod durch Steinigung forderte, riefen die Femen-Frauen zum sogenannten "Oben-ohne-Jihad" in mehreren europäischen Städten auf. Am 4. April 2013 tauchten sie unter anderem vor Berlins ältester Moschee auf und vor der tunesischen Botschaft in Paris. Auf die Haut hatten sie sich "Free Amina" und "Fuck Islamism" geschrieben. Vor einer Moschee in der französischen Hauptstadt verbrannten sie eine Flagge mit religiösen Motiven.
Einem französischen Fernsehsender erzählte Tyler, die derzeit noch in Tunesien lebt, sie habe sich über die Solidaritätsbekundung seitens der Femen gefreut. Das Verbrennen der Flagge sei aber zu weit gegangen: "Damit haben sie nicht nur bestimmte, sondern alle Muslime beleidigt."
Frauen kritisieren Femen-Feminismus
Mit ihrer Kompromisslosigkeit bei ihren Aktionen und den provokanten Sprüchen, die sie sich auf ihre Körper und auf Plakate schreiben, machen sich die Femen nicht nur Freunde: Nach dem "Oben-ohne-Jihad" formierte sich eine Gruppe mit dem Namen "Muslim Women Against Femen", die via Facebook mitteilte, sie halte die Femen für islamophob und imperialistisch.
Auch die Schriftstellerin und Journalistin Hilal Sezgin sieht die schrillen Nacktproteste der Femen insgesamt kritisch. "Mich wundert, dass diese Form von Brutalo- und Simpelfeminismus 2013 überhaupt noch existieren kann", so Sezgin im DW-Gespräch. Als sie Anfang der 90er Jahre feministisch aktiv gewesen sei, habe es auch Aktionen gegen Prostitution gegeben. "Schon damals fragten wir uns, wie man das machen kann, ohne die Frauen zu bevormunden oder sie an den Pranger zu stellen."
Moderner Feminismus habe mit Solidarität gegenüber Frauen zu tun und dazu erkundige man sich, worum es jenen gehe, mit denen man sich vermeintlich verbünde. "Das ist genau, was die Femen-Frauen nicht machen. Sie verwenden klassische islamophobe Klischees: die unterdrückte verhüllte Frau, der sie die vermeintliche Freiheit der westlichen Nackheit entgegensetzen."
Nur auf Femen-Art
Hilal Sezgin findet den Femen-Feminismus klischeebeladen und unmodern
Die Femen-Frauen verteidigen ihre Form des Protests und wollen sie beibehalten. Gegenüber der Deutschen Welle sagt Aktivistin Alexandra Shevchenko: "Wir verstehen, dass viele Muslime uns als jemanden sehen, der kommt und ihnen vorschreiben will, wie sie zu leben haben. Aber so sind wir nicht." Und so wollten sie auch nicht gesehen werden.
Shevchenko würde gerne mit Feministinnen in muslimischen Ländern zusammenarbeiten - doch dazu müssten diese die Sichtweise der Femen-Aktivistinnen unterstützen und die Art und Weise ihres Protests. "Wir sind auf der Suche nach muslimischen Frauen, die sagen: Ja, wir sind wie ihr. Ja, wir fühlen dieselben Zwänge wie ihr. Wir unterstützen euren Kampf, so wie ihr ihn führt."
Die Kritik von den Muslim Women Against Femen erklärt sich Shevchenko mit der starken Verbundenheit vieler Muslima mit ihrem sozialen Umfeld: Wer in einem Land oder in eine Gemeinschaft hinein geboren wurde, die von einer bestimmten Ideologie geprägt sei, für den sei es eben nicht leicht, seinen eigenen Weg zu finden.
Via: dw.de
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