Mit zwei Femen-Frauen im rosaroten Barbie-Haus

Dreamhouse Mit zwei Femen-Frauen im rosaroten Barbie-Haus

Skeptische Blicke: Die Femen-Aktivistinnen Irina Khanova (links) und Klara Martens schauen sich im „Barbie Dreamhouse“ um

Am Donnerstag eröffnet in Berlin das Barbie Dreamhouse – begleitet von Protesten. Zwei Femen-Aktivistinnen wollten sich ein Bild machen.

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15.05.13, 15:32

Dreamhouse

Am Donnerstag eröffnet in Berlin das Barbie Dreamhouse – begleitet von Protesten. Zwei Femen-Aktivistinnen wollten sich ein Bild machen.

Foto: Amin Akhtar

Skeptische Blicke: Die Femen-Aktivistinnen Irina Khanova (links) und Klara Martens schauen sich im „Barbie Dreamhouse“ um

Skeptische Blicke: Die Femen-Aktivistinnen Irina Khanova (links) und Klara Martens schauen sich im "Barbie Dreamhouse" um

Blond sind die alle. Mit viel Pink. 140 Puppen stehen hinter Glas im Eingangsbereich. Sie sind in die Fächer rechts und links der Galerie gesperrt. Ihre Kleider sind verschieden– doch leuchten sie vereint in "219", Farbe: "Barbie Pink". Auf dem Kopf blitzt bei allen blonder Schopf. Irina Khanova bleibt stehen. Ob es bei den Barbies hier bleibe, will sie wissen. Ja, das sei vom Designer so gewollt, sagt die Frau, die zur Führung geladen hat. "Hm", sagt Irina Khanova. Sie zeigt auf den schwarzen Zopf auf ihrem Kopf. "Ich werde nie eine blonde Tochter bekommen." Leichte Irritation. "Na, also später im Haus sind auch andere Barbies, also auch dunkelhäutige, zu sehen", sagt die Frau.

Morgen eröffnet die temporäre Ausstellung "Barbie The Dreamhouse Experience" in der Voltairestraße 2a in Berlin. Vom 16. Mai bis 25. August können Erwachsene für 15 Euro, Kinder bis 14 Jahre für 12 Euro die Barbie-Welt betreten. In Zusammenarbeit mit Mattel hat die EMS Entertainment Germany GmbH über ein Jahr lang mit Designern und Software-Entwicklern Konzept und Haus entwickelt. Fast zeitgleich ist in Sawgrass in den USA ein Haus der gleichen Art eröffnet worden. Barbie und ihre Welt: in lebensgroß.

"Hölle in Rosarot" am Alex

Statt Spannung ernteten die Macher bislang jedoch fast ausschließlich Kritik. "Hölle in Rosarot", schrieb die "Süddeutsche", "Barbie-Bildung in Berlin: Porno-Schaufeln für Deutschland" der "Spiegel". Auf Facebook gründete sich die "Occupy Barbie-Dreamhouse"-Gruppe, die schon zur geplanten Eröffnung am 26. März zur Demonstration aufrief. 1663 Mitglieder hat sie aktuell. Auch Irina Khanova aus Hamburg ist mit Klara Martens aus Berlin aus einem bestimmten Grund ins Barbiehaus gekommen.

Vom Blonde-Barbies-in-Vitrinen-Gang geht es in die Empfangshalle des Hauses. Weiße Säulen am Rand imitieren die Galerie des Barbiehauses. Rechts steht ein Fahrstuhl, in rosa. "Elevator" sagt die Frau vom Barbiehaus dazu, die Kabine solle als "Foto-Op", als Fotowand genutzt werden. Am Ticketschalter gibt es Bändchen für die Besucher. "Mit unseren RFID-Bändchen bekommt jeder die persönliche Experience", sagt die EMS-Vertreterin. "Sehen die Verkäuferinnen auch aus wie Barbies?", fragt Irina Khanova. Die Frau schaut wieder irritiert. Wer denn diese Beiden seien?

Irina Khanova ist selbstständige Grafikdesignerin, 33. Klara Martens studiert Technischen Umweltschutz in Berlin, sie ist 22 Jahre alt. Beide haben als Mädchen mit Barbies gespielt. Und beide engagieren sich bei der Aktivistengruppe Femen Germany, Irina ist Mitbegründerin. Sie demonstrieren mit Einsatz des Mittels, auf den die Frau in ihren Augen reduziert wird: mit ihrem Körper. Im April 2008 hatten sich Ukrainerinnen zusammengeschlossen, um gegen Sextourismus und Zuhälterei zu protestieren. Zunächst "ganz normal", wie Irina Khanova sagt. Unnackt. Die Resonanz sei jedoch so gering gewesen, dass sie sich entschlossen, "oben ohne" mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Die Medien reagierten, seit 2011 gibt es ein Ausbildungszentrum und Nachfolgerinnen.

Irina Khanova sah 2012 einen Auftritt in Hamburg. Sie entschloss sich, die Idee nach Deutschland zu bringen. Erster Auftritt: Beim "SlutWalk Berlin". Der letzte: beim Angriff auf Russlands Präsident Wladimir Putin auf der Hannover-Messe im April. "Sextremismus" genannt, auf blanken Brüsten stand: "Fuck Putin." Mit dabei: Klara Martens, Vertreterin der Femen in Berlin.

Kopf hoch, Brust raus, Arme mit Transparent in die Luft

Ein paar Tage vor dem Barbiehaus-Besuch, die Femen treffen sich zum Training. Irina Khanova und Klara Martens stehen mit acht jungen Frauen in einem Raum des Theaterhauses Mitte. "Wir sind keine Models", sagt Irina Khanova, zwei Femen-Gesichter nicken. Sie zeigt, wie Femen beim Protest posieren. Kopf hoch, Brust raus, Arme mit Transparent in die Luft. Josephine Witt, 19, Philosophie-Studentin aus Hamburg, macht es vor. Sie geht in eine Ecke des Raumes, fragt: "Bereit?" Irina Khanova nickt, Josephine startet. Sie rennt los, stampft sich in der Mitte des Raumes in Position, reißt ein Plakat hinter ihrem Rücken hervor und schreit: "Die Frau ist keine Ware! Die Frau ist keine Ware! Die Frau" – Sie muss lachen, die anderen auch. Ihr Schrei bleibt. "Gut", sagt Irina Khanova. Auf ihrem T-Shirt steht "My body is my manifest". Nackt ist keine der Frauen.

Im Barbiehaus trägt Irina Khanova schwarzes Shirt – beide Lederjacke und Jeans. Noch ist nicht Eröffnung. Nach der Empfangshalle laufen sie weiter zur ersten Station. In die Küche. An der Seite flimmert ein Kurzfilm von Ken über den Flatscreen, der das Auto auf der Auffahrt, einen Beetle in rosa, wäscht. Davor simulieren weiße Querstreben Fensteroptik. Thema des Raumes: Cupcakes-Backen. Es besteht aus einem Drag-and-Drop-Spiel auf Touchscreens. "Gibt es die dann hinterher zu essen?", fragt Klara Martens.

Selbstverständlich ähnliche im Café im Anschluss an die Führung, heißt es. "Isst Barbie denn auch was Gesundes, bei der Figur?", will Irina Khanova wissen. Fingerzeig auf die Schale mit Äpfeln, die in einem der Regale steht. Inzwischen hat sich eine Verantwortliche von Mattel Deutschland zu der Gruppe gesellt, Stephanie Wegener heißt sie. Auch der Designer, Philip Zoch, der für die Barbies zu Beginn verantwortlich ist, ist zum Gefährten geworden. Kritik macht wach.

Barbie wurde 1959 in New York präsentiert

Die Barbie-Puppe zählt zu den bekanntesten Spielzeugpuppen der Welt. 1959 wurde die erste nach Vorbild der "Bild"-Lilli (die Reinhard Beuthin damals für die "Bild" in Cartoons zeichnete) auf der Toy Fair in New York präsentiert – von der Firma Mattel, die 1945 mit Bilderrahmen, Modeschmuck und Puppenspielzeug gestartet war. Inzwischen gibt es Mode, Filme – Dreamhouses. Zu Mattel gehören 30.000 Mitarbeiter in 40 Ländern sowie die Marken Fisher Price, Hot Wheels, Uno, Scrabble, Matchbox und Polly Pocket. Der ursprünglichen Idee, mit Barbie ein neues Rollenmodell für Mädchen – weg von der reinen Mutter zur körper- und modebewussten Frau – zu schaffen, schloss sich von Beginn an Kritik an. Aussehen und Proportionen seien irreal. Mattel reagierte: Entwickelte Puppen wie die "Happy to be me" mit realistischeren Proportionen und Themenbarbies wie die Zahnärztin 1973.

Die Formveränderungen wurden von den Konsumenten kaum honoriert, Versuche in diese Richtung nach ein paar Jahren eingestellt. Auch die Aufgaben einer Barbie blieben trotz der Berufe auf Schminken, Schuhe shoppen, Staubsaugen beschränkt. "Die kleinen Mädchen werden von Anfang auf darauf getrimmt, wie wichtig es ist, hauptsächlich hübsch zu sein", sagt Klara Martens. Auch wenn es eine Traumwelt sei, die hier gezeigt werde – "es ist ein Rollenmodell, das hier aufrecht erhalten wird und das zu Beauty-Standards führt, die in Krankheiten wie Magersucht endet", sagt Irina Khanova. Und: "Spielzeugläden sind mit die sexistischsten auf der Welt." Neuerdings gebe es sogar Überraschungseier nach Geschlechtern getrennt.

2500 Quadratmeter inklusive Popstar-Stage

Und dennoch: Nach anfänglicher Kritik scheinen auch Klara Martens und Irina Khanova den Grund für ihren Besuch für einen Moment vergessen zu haben. Sie setzen sich in der Schlitten der "Freezer"-Welt, drehen am Lenkrad, puzzeln das Barbie-Memory auf dem Wohnzimmertisch – mit schwarz manikürten Fingernägeln schiebt Irina Khanova die tellergroßen Teile hin und her. Klara Martens bemerkt scharf, die Nagellack-Flaschen sähen genau so aus wie die der Marke "Essence". Fast zwei Stunden haben sie für die Ausstellung, 2500 Quadratmeter inklusive Popstar-Stage, und Catwalk gebraucht.

Man sei selber ja auch nicht frei davon, sagen Klara Martens und Irina Khanova. Ihnen habe das schon auch gefallen. Und dass die Mattel-Frau, Stephanie Wegener, sich mit ihrer Kritik auseinandergesetzt habe am Ende. "Das ist ein guter Punkt", hat Stephanie Wegener gesagt. Als sie ihr vorschlugen, man müsse doch mehr von den Puppen, die Berufe, darstellen. Auch dass man durch die Fernrohre auf der Terrasse doch lieber Pflanzen mikroskopisch betrachten als Barbie in Strandsituationen beglotzen sollte, sei "ein guter Punkt", sagt Stephanie Wegener.

Sie schlägt Irina Khanova und Klara Martens vor, sie würde das anmerken und noch ändern lassen. Eigentlich dürften sie sich die Chance, vor dem Barbie Dreamhouse zu protestieren, nicht entgehen lassen, sagt Irina Khanova. Doch vielleicht treffe man damit die Falschen – man wolle ja keine Kinder schockieren, sagt Klara Martens. Eine viel bessere Idee sei doch eine Arbeitsgruppe. Falls Stephanie Wegener ihnen das vorschlage, seien sie dabei. Man müsse Barbie nicht verbieten. Mattel dürfe nur nicht in der Entwicklung stehen bleiben, zu den Berufen gehörten doch entsprechende Accessoires, damit Barbies Leben nicht auf Schminken und Shoppen hinauslaufe. Klara Martens und Irina Khanova würden aus ihr eine ganz normale Frau machen, mit all ihren Facetten, sagen sie. So, wie es in der Realität auch ist: Eben nicht einfach nur blond.

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