Zuletzt aktualisiert: 06.03.2012 um 21:56 UhrKommentare
"We came - we undressed - we won": Wenn es um Themen wie Sexismus, Diskriminierung, Wahlbetrug oder "Zar Putin den Dritten" geht, ziehen "FEMEN-Frauen" blank und bringen ihre Anliegen auf nackte Haut: blanker Unsinn oder clevere politische Agitation? Von Thomas Golser.
Foto © ReutersAusgezogen, engagiert, vernetzt, angefeindet, bewundert...
Halb nackt und doch nicht ohne: Die 2008 in der Ukraine gegründete Gruppe FEMEN gibt mit "Wir kamen - wir zogen uns aus - wir gewannen" ein sehr einfach und optimistisch gehaltenes (Kritiker meinen: naives) Motto aus. Wer heute noch mediale Aufmerksamkeit erregen will, muss sich wohl selbst die Blöße geben. Hier im wörtlichen Sinne.
Frau zieht sich selbst aus, um Kritik an Sexismus, Prostitution, Diskriminierung, zu hohen Gaspreisen, Wahlbetrug oder "Zar Putin den Dritten" anzubringen. "Wie sollen wir denn sonst Aufmerksamkeit bekommen?", wird von den Aktivistinnnen auf den Punkt und auf die nackte Haut gebracht. Man darf nicht vergessen, welches Rollenbilder in vielen Ländern des ehemaligen Ostblocks noch vorherrschen und wofür diese Frauen kämpfen.
Busen mit Botschaft
Dass ein schöner Busen die Blicke von instinktiv "spechtelnden" (und womöglich so gar nicht an politischen Dingen interessierten) Männern auf sich zieht, nimmt Frau hier in Kauf. Mehr noch: Nackte Haut ist das Werbebanner, das Mittel zum Zweck - und das wird von den Aktivistinnen auch unumwunden zugegeben. Das, was in vielen Ländern ohnehin zur Ware geworden ist, soll möglichst viele Blicke auf sich und die Missstände dahinter lenken. Der Busen ist zwar blank, dafür aber mit Botschaft: Wenn schon gegafft wird, dann soll dabei auch nachgedacht werden - mit jenem Verstand, der nicht in die Hose gerutscht ist. Sexismus wird vom "Sexualobjekt" selbst zweckentfremdet. Man macht einen Schritt zurück, um einen Schritt nach vorne zu machen. Verstanden wird das nicht immer.
Gefahren akzeptiert
Vor Folgen schrecken die aus dem Studenten-Milieu stammenden Frauen nicht zurück - auch wenn es schon oft genug zu Inhaftierungen und Gewalt gekommen ist. Nicht zuletzt aus Wahllokalen in Russland waren FEMEN-Aktivistinnen zuletzt zügigst entfernt worden. Dass "Zar Wladimir Putin der Dritte" alles andere als zimperlich ist, wenn es um seine ganz eigene Vorstellung von Demokratie geht, bewiesen hunderte Festnahmen nach seiner neuerlichen Installation. Seiner Wiederwahl, der laut offiziellen Berichten Unregelmäßigkeiten in jedem dritten Wahllokal vorausgegangen waren. Putin war von den Barbusigen als "Kreml-Ratte" und "Dieb" bezeichnet worden. Eben jener Putin, der sich selbst gerne einigermaßen skurril als ältlicher Crocodile Dundee der Tundra in Armee-Kluft galoppierend, nach zuvor abgelegten Schätzen am Meeresgrund tauchend, oder mit (ge)mächtigem Gewehr und (ebenfalls) nacktem Oberkörper jagend inszeniert.
Man darf davon ausgehen, dass die so angebrachte Systemkritik durchaus auch fatal enden könnte: Jene Kameras, die auf die Busen halten und dadurch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit - ob nun anerkennendes Nicken, Grinsen oder doch Kopfschütteln vorherrscht - sichern, waren bislang wohl die Lebensversicherung von FEMEN.
FEMEN soll stehen für: Oben ohne - dafür ganz oben mit: Mit Köpfchen und Mut.
Via: kleinezeitung.at
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