Nackt sein ist Trumpf – ein Film löst Skandal aus

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07. September 2013

Femen-Gruppe

Eine der Hauptfiguren ist ein Mann - Premiere in Vendedig


  1. Regisseurin Kitty Green (angezogen) und einige Femen (im gewohnten Outfit) bei der Vorstellung des Femen-Films in Venedig. Foto: dpa

KIEW/VENEDIG. Der Skandal ist Femens stärkste Waffe. Mit blanker Brust attackierten die ukrainischen Aktivistinnen bereits den Papst und Kremlchef Wladimir Putin. Ein Dokumentarfilm über die Gruppe, der nun auf dem Festival von Venedig Premiere hatte, sorgt nun auf andere Art und Weise für Aufsehen: Eine der Hauptfiguren des Films – und offenbar auch der Gruppe – ist dem Film nach ein Mann.

"Unsere Nacktheit ist unsere Bombe. Wenn sie explodiert, hört man es überall", erklärte Femen-Gründerin Hanna Huzol einmal im persönlichen Gespräch. "Aufmerksamkeit zu erzeugen, ist das Wichtigste." Die diffuse Botschaft eines neuen Feminismus blieb stets zweitrangig.

Nun hat Femen beim Filmfest in Venedig einen Sprengsatz der anderen Art gezündet. Die Explosion droht die Fundamente der Gruppe zu zerstören. Halbnackt präsentierten die Frauen die Dokumentation "Die Ukraine ist kein Bordell". Die Busenbilder kennt man.

Doch was der Film den Premierenberichten zufolge zeigt, ist neu. Es war demnach ein Mann, der die Frauen mit unerbittlichem Drill zu ihren Protestaktionen angetrieben hat. Viktor Swjatski war als Berater der Gruppe bekannt. Der Film aber wirft die skandalträchtige Frage auf: Stand als Mastermind ein Macho hinter Femen? Die Aktivistinnen halten eine andere Botschaft parat. Femen habe sich von Swjatski inzwischen gelöst. Der Film zeichne diesen Akt der Befreiung von männlicher Unterdrückung nach. Als "öffentliche Beichte" will auch die australische Regisseurin Kitty Green ihr Werk verstanden wissen. Die 28-Jährige hatte die Femen-Frauen 14 Monate lang mit der Kamera begleitet.

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Doch die Beichte lässt selbst langjährige Beobachter und viele Anhänger von Femen ratlos zurück. Der Titel "Die Ukraine ist kein Bordell" erinnert an den Ausgangspunkt der Nacktproteste. Die 2008 gegründete Gruppe lehnte sich anfangs gegen Zwangsprostitution und Männerherrschaft in ihrem Heimatland auf. In Greens Film ist es allerdings der Macho Swjatski, der die jungen Frauen drillt, bis sie sich als seine "Sklavinnen" bezeichnen. Ist das ernst zu nehmen? Was nach dem Auftritt in Venedig bleibt, ist der Verdacht: Das Mittel ist Selbstzweck geworden. Die Skandalisierung ist es, die zählt. Kritiker wittern hinter dem Film eine reine Vermarktungsstrategie.

Doch die Causa Femen hat noch eine andere Dimension. Immer wieder werden Vorwürfe laut, hinter Femen stünden milliardenschwere ukrainische Oligarchen, die dem Oppositionslager zuzuordnen seien. Ziel von Femen sei die Destabilisierung der Ukraine. Vermutlich ist das eine Verschwörungstheorie.

Doch es ist keine zwei Wochen her, dass Sonderpolizisten die Femen-Zentrale in Kiew stürmten und Waffen fanden. Femen-Chefin Huzol spricht von einer Racheaktion des Geheimdienstes. Unbekannte hätten die Waffen in dem Büro deponiert. Den Aktivistinnen drohen Gefängnisstrafen wie im Fall der inhaftierten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko. Die Femen-Führung hat ihr Hauptquartier kurzerhand nach Paris verlegt.

Die Angst der Frauen ist nicht unbegründet. Das belegen jüngste Prügelattacken gegen Huzol und auch gegen den angeblich nicht mehr bei Femen aktiven Swjatski. Beide wurden kürzlich von Schlägern übel zugerichtet. Die Behörden haben offenkundig kein Interesse, die Hintergründe aufzuklären.

Viele Fragen richten sich auch an Femen. Unklar ist, wer die Auftritte der Gruppe in ganz Europa finanziert. Swjatski ist dazu nicht in der Lage. Ist er am Ende ein Strohmann, der nun bewusst in den Vordergrund gespielt wird? Bei all diesen Spekulationen wird eines aber immer deutlicher: Eine klare politische Botschaft, ein echtes Ziel hat Femen nicht.

Autor: Ulrich Krökel

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