Nackter Hass und Gewalt





  • Femen-Aktivistinnen auf dem Petersplatz in Rom.

Our God is woman, our mission is protest, our weapons are bare breasts!”, lautet das offizielle Femen-Motto. Auf Deutsch: „Unser Gott ist eine Frau, unsere Mission der Protest, unsere Waffen sind unsere nackten Brüste.“ Das sitzt. Doch welche Göttin beten sie an? Kali, die im Hinduismus bedeutende Göttin des Todes und der Zerstörung, oder eher die „entschleierte Isis“, die von der russischen Schwarzmagierin Helena Petrowna Blavatsky im späten 19. Jahrhundert in die Welt der Geheimbünde eingeführt wurde? Oder vielleicht Rosmerta, die keltische Wohlstandsgöttin? Antiope, die Göttin der Amazonen? Es bleibt im Dunkel, im Gegensatz zu ihrem amazonischen Rachefeldzug, auf den sich die ukrainisch-russischen Kriegerinnen begeben haben und der ihnen bereits weltweite Popularität beschert hat. Immerhin, die Altertumsforschung belegt, dass es zwischen dem 6. und 3. Jahrhundert v. Chr. in den Gebieten Südrusslands, der Ukraine und Kasachstans Völker gab, bei denen Frauen offenbar mit Waffen kämpften. Die Femen-Damen sind, wie ihre Ahnherrinnen, in der Wahl ihrer Mittel ebenfalls nicht zimperlich. Sie bevorzugen die schrille Form des Protestes, beschimpfen Polizisten mit handfesten Beleidigungen, treten und bespucken sie. Wenn das Sicherheitspersonal seiner Pflicht nachkommt, um ihre unangemeldete Demonstration zu beenden, werfen sie sich zu Boden und schreien „Vergewaltiger“. Wenn sie abgeführt werden, leisten sie Widerstand gegen die Staatsgewalt und benutzen alle Mittel, um eine Empörungswelle auszulösen. Das alles haben die fuchtigen Furien in Workshops gelernt, die ihre Lehrerin, die ukrainische Femen-Gründerin Inna Schewtschenko veranstaltet, die nach ihrem Selbstverständnis als Freiheitskämpferin agiert. „Bevor wir unsere Aktionen starteten, konnte man nackte Frauenbrüste nur nach Mitternacht im Fernsehen oder in Sexmagazinen für Männer sehen. Doch inzwischen haben wir den Frauenkörper legalisiert. Sie können Brüste heute in der Ukraine in Zeitungen oder zur Primetime im TV sehen“, sagt sie in einem Interview mit Zeit-Online. Ist das Feminismus oder spielt das denen in die Hände, gegen die sie angetreten sind, der Porno-Industrie? Und dient es dem Freiheitskampf arabischer Frauen, wenn die Femen-Frauen im sicheren Paris „Busen statt Burka“ intonieren? Was mit jemandem geschieht, der öffentlich lautstark für Menschenrechte in Teheran, Islamabad oder Kairo demonstriert, wissen wir. Sie offenbar auch. Da liegt Europa halt näher. Was auch immer sie tun, die schlagzeilenträchtige Aufmerksamkeit in der westlichen Welt ist ihnen gewiss, und auch die Solidarität alternder Divas wie der künstlerisch längst abgeschriebenen John-Lennon-Witwe Yoko Ono.

Immerhin: Femen verschweigen nicht, wer und wessen Geistes Kinder sie wirklich sind: Wer ihre Internetseite aufruft, sieht allerlei barbusige junge Frauen in Gewalt-Aktion. Sei es beim Boxen gegen einen Sandsack mit der Aufschrift „War“ (Krieg), sei es als Pseudo-Nonnen bei einem antireligiösen Happening. Auch ein silikonverstärktes nacktes Pornomodel taucht auf. Die dunkelhaarige Schöne ist alles anderes als friedlich, in ihrer Rechten hält sie eine bluttriefende Sichel, in ihrer hochgereckten Linken einen abgeschnittenen, blutenden Hoden. Ist das jetzt Protest, der männliche Kastrationsängste karikiert oder handelt es sich dabei um einen Aufruf zur nackten Gewalt? Femen spielt mit dem schlechten Geschmack, keine Frage. Auf einer weiteren Seite ist Femen-Gründerin Inna Schewtschenko zu sehen, sie hat Flügel, deren Schwungfedern aus Kettensägen bestehen. Bei allem besticht die schonungslos drastische Direktheit. Auf die Frage: „Was steht am Ende Ihrer Revolution?“ antwortete Schewtschenko: „Das Matriarchat, das hoffe ich doch.“ Wann es eintritt, weiß sie nicht so genau, „...vielleicht 2017“, um hinzuzufügen: „...genau hundert Jahre nach jener russischen Revolution (...) Dann wird wieder Blut fließen. Die Revolution wird brutal“. Die Bilder des Femen-Internetauftritts belegen es. Wer Porträtfotos Schewtschenkos aus ihrer Anfangszeit mit aktuellen vergleicht, sieht zwei verschiedene Menschen. Haben der kalte Hass und Drogen ihr Gesicht so entstellt?

Zur Verhärtung hat sicher auch ihre Solidaritätsaktion für Pussy Riot beigetragen. Inna Schewtschenko beging, nur mit einer kurzen Hose bekleidet, in Kiew an einem meterhohen Holzkreuz ein Kettensägenmassaker. Die meisten Medienmeldungen unterschlugen, dass es sich bei dem umgemähten Kreuz um ein Kruzifix mit Christusfigur handelte. „Lucifer is god“, soll die Aktivistin gerufen und gespuckt haben. Was Schewtschenko nicht interessierte: Das Kruzifix wurde als Andenken an die Opfer des stalinistischen Terror-Regimes errichtet.

Sind Femen und Pussy Riot etwa nur publicitysüchtige Krawallnudeln? Welche inneren Werte die von westlichen Medien emporstilisierten Widerstandsikonen vertreten, zeigte Pussy-Riot-Mitglied und Pornodarstellerin Nadeschda Tolokonnikowa, die 2008 als hochschwangere Frau bei einer Gruppensexorgie im besetzten Zoologischen Museum teilnahm. Die gefilmte Orgie wurde später gewinnbringend als Film verkauft. Pussy Riot ging aus der „Künstlergruppe“ Voina (Krieg) hervor. Sowohl Nadeschda Tolokonnikova wie auch Yekaterina Samutsevich nahmen an Aktionen von Voina teil, die unter anderem daraus bestanden, dass die Mitglieder dieser „Künstlergruppe“ sich in der Öffentlichkeit auszogen um dann zu kopulieren oder mitten in einen Supermarkt den Stuhlgang abzuhalten.

Ist es Kunst? Nur ein harmloser Sponti-Spaß? Jedenfalls besitzen Femen und Pussy Riot ein cleveres Management und interessierte Hinterleute, die ihre Karriere mediengerecht steuern. Auch die Zusammenarbeit mit Nachrichtenagenturen gereicht ihnen nicht zum Nachteil. Das Lied „Mutter Gottes, du Jungfrau, vertreibe Putin!“, das sie bei ihrer militanten Erstürmung der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau am 21. Februar 2012 grölten, wurde in den deutschen Medien geschönt wiedergegeben. Die Zeile über den Patriarchen lautet nicht: „Besser würde der Hund an Gott glauben“, sondern im Original: „Besser würde er, die Hure, an Gott glauben“. Ebenso wenig heißt es, verharmlosend kolportiert: „Alle Bittsteller kriechen zur Verbeugung“, sondern brutaler: „Alle Gemeindemitglieder kriechen zur Verbeugung“. Dieser Satz, so sagt der Erzpriester Wsewolod Tschaplin, kränkt alle Gläubigen. Eine überzogene Reaktion? Wie hätte ein Imam reagiert, wenn eine Horde wildgewordener Frauen eine Moschee gestürmt und Hassgesänge auf Allah gesungen hätte? Wie ein Rabbi, wenn eine Gruppe maskierter Verrückter in eine Synagoge eingedrungen wäre, um das Judentum zu verspotten?

Nachdem die Femen-Furie Schewtschenko das Kettensägenmassaker am Kiewer Holzkreuz begangen hatte, reckte sie die heulende Kettensäge solange triumphierend über ihren Kopf, bis der Film abgedreht und die Fotos geschossen waren. „Ich gab schnell ein paar Zitate an Reuters“, sagt sie dazu. „Dann rannte ich weg.“ Was für ein Trick. Zerstörung zieht Aufmerksamkeit an. So macht man sich internationale Nachrichtenagenturen, die eine Messfeier für nicht erwähnenswert halten, obwohl Gott Präsenz zeigt, zu willigen PR-Helfern. Objektive Berichterstattung, Respekt vor der Religion sieht anders aus. Auf jeden Fall ist Femen ein streng kapitalistisch orientiertes Unternehmen. Weshalb sollte es sonst einen Femen-Shop geben? Ein Femen-T-Shirt kostet 100 bis 25 Euro, eine Femen-Tasse 20 Euro. Inzwischen sind die barbusigen ukrainischen Feministinnen mit Schminkkoffer und Dessous nicht nur in Russland und der Ukraine unterwegs. Die „Revolution der Frauen in Europa“ rufen sie aus. Mit diesem kruden Selbstverständnis sind sie am Sonntag auf dem Petersplatz aufgeschlagen. Auf ihrer Internetseite schildern sie es so: „Femen Sextremisten vereitelten die Sonntagsmesse des Papstes im Vatikan. Sie strippten auf dem Petersplatz und schrien dem Papst ,Halts Maul‘ entgegen. Femen brachten den Papst im Vatikan zu schweigen. Der alte Eunuch Ratzinger betete gerade das Angelus-Gebet, als nach vier Minuten die Sextremisten ihren Protest begannen: ,Wir glauben an die Homosexualität‘. Der Protest richtete sich gegen den Chef-Ideologen der europäischen Homosexuellenfeinde. Der Papst verwendet Nazi-Rhetorik in seinen Hasspredigten – ,Heirat zwischen Homosexuellen ist eine Bedrohung der menschlichen Zukunft‘, sagt er und ruft zu einer neuen Hexenjagd auf. Femen fordert den Vatikan auf, die Aufwiegelung zur mittelalterlichen Hexenverbrennung und Intoleranz zu unterlassen und die sexuelle Freiheit zu achten. Die Aussage: ,Eine Bedrohung der menschlichen Zukunft‘, ist religiöser Fanatismus und ,heilige‘ Keuschheit. Wir glauben an die Homosexualität.“ (Der englische Originaltext ist auf der FEMEN-Internetseite zu finden.)

Bei Theaterstücken steht an dieser Stelle gewöhnlich: Schweigen. Doch es handelt sich bei dieser neuen Frauenbewegung nicht um Fiktion, sondern um bittere Realität. Man muss sie ernst nehmen, gerade weil sie auf die junge Generation von Frauen einen medial verstärkten Einfluss ausüben. Als schamlose Vorbilder. Als Akteurinnen in einem postmodernen Kulturkampf. Dennoch steht ihnen der Himmel offen: Sie können Reue zeigen, wenn sie es wollen und daraus nicht wieder eine PR-Geste machen. Einstweilen strebt die Entwicklung leider nicht in diese Richtung.

Via: die-tagespost.de


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