Josephine M. nach ihrer Freilassung.
Ian Langsdon
Josephine M. nach ihrer Freilassung.
Paris (dpa). Die Beteiligung an einem Nacktprotest in Tunis brachte die Hamburger Studentin Josephine M. für einen Monat ins Gefängnis. Die 20-Jährige bereut die Aktion allerdings nicht. «Der Protest ist alle Mühe wert gewesen», sagt die Aktivistin der Frauenrechtsgruppe Femen im dpa-Interview kurz nach ihrer Freilassung.
Frau M., Ihr Oben-Ohne-Protest vor dem Justizpalast in Tunis hat sie für einen Monat ins Gefängnis gebracht. Würden sie dort noch einmal ihre nackte Brust zeigen?
Josephine M.: «Das ist eine Frage, die sich schwierig beantworten lässt, weil ich noch nicht weiß, wie weit ich darüber hinweg bin, was in Tunesien alles passiert ist. Aber ich glaube, dass unsere Aktion eine echte Botschaft gesendet hat und ich finde diese Aktion unglaublich wichtig. Ich sehe jetzt hier, was es für Wellen geschlagen hat und was für Diskussionen sie angeregt hat. Deswegen würde ich allein schon sagen, der Protest ist alle Mühe wert gewesen. Es waren schwere Zeiten, ich bin aber froh, dass ich es überstanden habe und ich bin froh, hier zu sein jetzt.»
Haben sie erwartet, dass sie für diese Aktion ins Gefängnis kommen könnten?
Josephine M.: «Nein, das war nicht so geplant. Das war überhaupt nicht als "suicide mission" (Himmelfahrtskommando) geplant. Wir sind davon ausgegangen, dass wir aus dem Land ausgewiesen werden, wie es beispielsweise schon in der Türkei passiert ist. Vor allem haben wir nicht damit gerechnet, weil wir immer dachten, dass Tunesien ein fortschrittliches demokratisches Land ist.»
Wie haben sie die Haftbedingungen erlebt?
Josephine M.: «Schwierig. Es war diese Abgeschnittenheit, die am Schlimmsten war für uns. Weil wir keinen Kontakt zur Außenwelt hatten und wir die ganze Zeit gehofft haben, dass irgendetwas bei uns ankommt.
Es ist aber nur ganz wenig bei uns angekommen und nicht nur Wahres.» Es war auch von physischen und psychischen Druck die Rede. Was konkret hat man sich darunter vorzustellen?
Josephine M.: «Das Psychische war diese Abgeschnittenheit. Das Physische war das Essen, die hygienischen Zustände, die schlimm waren. Unter denen haben wir sehr gelitten und unter denen leiden wir immer noch. Unsere Körper müssen sich davon erholen, was wir durchgemacht haben.»
In Tunesien wurde Ihr Auftritt selbst in liberalen Bevölkerungsteilen als kontraproduktiv kritisiert. Es wird befürchtet, dass solche Nacktauftritte den radikalen Islamisten nützen könnten, die sagen: Seht was passiert, wenn es zuviel Gleichberechtigung und Liberalität gibt.
Josephine M.: «Ich kann diese Argumentation gar nicht nachvollziehen. Wir sind eine friedliche Organisation, die für Menschenrechte einsteht. Deswegen weiß ich nicht, warum unsere Aktion kontraproduktiv sein sollte. Unsere Werte, die wir verteidigen, sind die Gleichheit, die Freiheit der Frau. Das sind universelle Werte. Das möchte ich nicht auf den Kulturkreis beschränken. Menschenrechte gelten überall gleich. Und müssen in jedem Land beschützt und bewahrt werden.»
Sie haben vor Gericht gesagt, es sei nicht Ihre Absicht gewesen, die Gefühle der tunesischen Bevölkerung zu verletzten. Andererseits haben Sie bei Ihrem Auftritt vor dem Justizpalast gerufen: «Fuck your morals» (etwa: «Zum Teufel mit Eurer Moral»). Wie passt das zusammen?
Josephine M.: «Das ist der bekannte Spruch, mit dem (die inhaftierte tunesische Aktivistin) Amina bekanntgeworden ist. Ich glaube, es ist auch jedem klar, dass wir vor dem Gericht ganz bewusst unsere Worte gewählt haben - weil wir natürlich wussten, dass jedes unserer Worte auf die Goldwaage gelegt werden wird. Deswegen konnte wir nicht so frei sprechen.»
Wann geht es zurück nach Hamburg?
Josephine M.: «Das ist noch nicht entschieden. Ich bleibe vermutlich erst noch einmal eine Weile hier.»
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