Starker Auftritt der Aktivistinnen von Femen, aber das Live-Art-Festival auf Kampnagel litt unter zu wenig kuratorischer Betreuung
Hamburg. Die wahre Live Art findet auf der Straße statt. Zumindest sorgte der Auftritt der Aktivistinnen der ukrainischen Gruppe Femen nicht nur für den größten Zulauf, sondern auch für die stärkste Performance auf der Zielgeraden des Live-Art-Festivals auf Kampnagel.
Mit kernigen Sprüchen wie "Wir ficken das Gehirn der Diktatoren" garniert, demonstrierten sie barbusig und blumenbekränzt gegen die Schattenseiten der EM. "Wir sind zum Bordell geworden. Es gibt zehn neue Striplokale." Ansonsten regierte vielfach Ratlosigkeit beim angestrebten Mix aus Leben und Kunst. "Postspectaclism" hatten die Macherinnen Nadine Jessen und Melanie Zimmermann ihrem Festival vorangestellt. Nach dem prominenten tänzerischen Auftakt dominierten wenig Spektakel und stattdessen Verweigerung und Unausgegorenheit die letzten Festivaltage und die abschließende Lange Nacht der Performance.
Alexander Nicolic suchte in "Meet The Rich" vergeblich nach den fünf reichsten Zuschauern, überzog einen Fleisch-Gugelhupf mit Blattgold und verlor anschließend resigniert den Faden. "Ich glaube, wir sind auf dem falschen Festival." Zuschauer verfassten früh Kommentare wie "langweilig" auf dem Beamer. Auch der Neue Wiener Bioaktionismus, den Amanda Pina und Magdalena Chowaniec in großformativen Gemüse-Öl-Mehl-Tableaus anfertigten, blieb müder Selbstzweck.
Der Strom von herein- und herausschneienden Besuchern ließ den Choreografen und Tanz-Theoretiker Marten Spangberg seine "Lesung" eines kritischen Blog-Pamphletes immer wieder neu ansetzen. Offensichtlich hatte ihn niemand über das Konzept der Langen Nacht aufgeklärt. Choreografin Yolanda Gutierrez dokumentierte die Leidenschaft der beiden Ringer Axel und Axel, Vater und Sohn, indem sie ihnen Raum für langatmige Erzählung gab. Da wandten sich manche Besucher lieber den Konzerten zu, von Frau Kraushaars charmanten Sprachexperimenten bis zu Happy Grindcores Noiserock. Mehr kuratorische Betreuung hätte diesem Festival, das nach einem starken Start zunehmend versandete, gutgetan. Der Eindruck des Chaotischen anstelle des spielerischen Experiments schmälert seine Bedeutung.
Via: abendblatt.de
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