Offensive Macho-Verwirrung

Wie die Aktivistinnen der ukrainischen Frauengruppe Femen mit nackten Brüsten gegen das Patriarchat ankämpfen

Blond, jung, auf High Heels und oben ohne: Die Frauen von Femen, der inzwischen auch weltweit bekannten ukrainischen Feministinnengruppe, schauen genauso aus, wie sich "richtige Männer" - also eigenen Behauptungen (unter anderen Männern) zufolge rund 90 Prozent der Angehörigen dieses Geschlechts - gutaussehende Frauen vorstellen. Nur die Plastikblumenkränze im Haar, die entfernt an die bäuerliche Zopfhochsteckfrisur der seit August 2011 in der Ukraine im Gefängnis sitzenden und malträtierten Oppositionschefin Julia Timoschenko erinnern, widersetzen sich optisch dem osteuropäischen Aufriss-Outfit. 

Wobei: Dass Attribute aus Flora und Fauna zum Schmuck oder zur Benennung attraktiver Frauen herangezogen werden, ist nicht neu: Man denke etwa an die ursprünglich aus den USA kommenden Playboy Bunnies mit Häschenohren und Puschel aus Stoff. 

Doch die Femen-Frauen meinen es keineswegs bunny-like. Sie setzen sich ihre grellfarbigen Blumenkränze in ebenso kämpferischer Absicht auf den Kopf, wie sie öffentlich ihre Brüste entblößen. In Österreich löst das Erinnerungen an Valie Exports Tapp- und Tasttheater aus: 1968 hatte es in Wien zu Entrüstungsstürmen geführt, als die Künstlerin mit nacktem, durch Greifschlitze in einer Kiste betastbarem Busen durch die City marschierte. 

Hörner aufgesetzt

Heute wendet Femen - aus einem Land kommend, in dessen Hauptstadt Kyiv in aller Öffentlichkeit mit Plakaten von nackten Frauen für Bordelle geworben wird - das Prostituierten -Image der Ukrainerinnen und anderer verarmter Osteuropäerinnen (die in westeuropäischen, auch österreichischen Bordellen vielfach rechtlos gemacht und sexuell ausgebeutet werden) offensiv und ironisch gegen die Betrachter. Damit nehmen sie sich die Freiheit und das Recht einer verwirrenden, doppelten Botschaft heraus. Und sie setzen den Voyeuren damit gewissermaßen Hörner auf.
So auch am Freitag, als zwei Femen-Aktivistinnen auf Einladung der Grünen in Wien waren - siehe Foto. Um sie mit blanken Brüsten bildlich festzuhalten (ja, sie entledigten sich dann auch noch ihrer T-Shirts), rutschten Fotografen und Kameraleute vor ihnen auf Knien am Boden herum: Im nüchtern gehaltenen Presseraum der Parlamentsgrünen sonst eher unüblich.

Dass es sich bei den Fotografen und Kameraleute mit nur einer Ausnahme um Männer handelte, war angesichts des Anlasses nicht weiter überraschend, in den Redaktionen hätten sich die Kollegen um den Termin angestellt, erzählte einer. Doch in diesem Job ist männliche Prädominanz in Österreich (und nicht nur hier) ohnehin die Regel. Das "Griß" um das Femen-Fotoshooting hat diesen Umstand nur etwa klarer als sonst zutage treten lassen.

Schädel geschoren

Ihre öffentlichen Auftritte in der Ukraine und anderen formaldemokratischen osteuropäischen Staaten sehen die Femen-Frauen, wie sie am Freitag erläuterten, als Tests der Staatsmacht in Sachen Meinungsfreiheit. Bestanden haben die dortigen Polizeikräfte diese Proben nicht: Keine Protestaktion gehe ohne Gewaltanwendung gegen Aktivistinnen ab, schilderten die Frauen. Es sei denn, sie schafften es, vor Eintreffen der Exekutive wieder zu verschwinden.
In Weißrussland seien sie zuletzt gar festgenommen und in einem Wald schweren Übergriffen ausgesetzt worden: Die Polizisten hätten ihnen die Köpfe geschoren und sie dann im Dunkeln estehen lassen. Eine "Abreibung" wegen Protesten gegen die sexuelle Unterdrückung von Frauen, die von Männern nach wie vor mit brutalen Mitteln verteidigt wird. (derStandard.at, 3.3.2012)

Via: derstandard.at


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