Paris: Neue "Marianne" empört die Franzosen


VON SYLVIE STEPHAN - zuletzt aktualisiert: 18.07.2013

Paris (RP). Traditionsbruch: Erstmals hat keine Französin, sondern eine Ausländerin für die neue "Marianne" Modell gestanden. Die Symbolfigur der französischen Republik trägt die Gesichtszüge der ukrainischen Femen-Aktivistin Inna Schewtschenko.

Sie steht in allen französischen Rathäusern, prangte früher auf Franc-Münzen und -Scheinen und ziert noch immer die Briefmarken der Nation: die Marianne, Sinnbild und Symbol der französischen Republik. Mit der Jakobinermütze und dem meist nur leicht verdeckten und oft gänzlich entblößten Busen verkörpert sie Frankreich schlechthin.

"Madame France" soll die Nation einen. Brigitte Bardot, Catherine Deneuve und Laetitia Casta haben ihr in der jüngeren Vergangenheit ihr Gesicht gegeben. Doch jetzt ist um die neue "Marianne" ein heftiger Streit entbrannt. Mit großen, mandelförmigen Augen und sinnlichen, leicht geöffneten Lippen blickt die Nationalfigur von einer neuen Standardbriefmarke der französischen Post. Es ist eine sichtlich junge Frau. Immerhin hatte Präsident François Hollande, der das Postwertzeichen persönlich in Auftrag gegeben hatte, eine "Marianne der Jugend" versprochen. Als er diese kürzlich im Elysée-Palast feierlich vorstellte, gab es zunächst auch großes Lob. "Die Jugend ist die Priorität meiner Amtszeit, und diese Briefmarke illustriert das", jubilierte Hollande.

Die gute Laune ist dem Staatschef aber seitdem vergangen, denn der Zeichner Olivier Ciappa und sein Kollege David Kawena haben die Identität des Modells preisgegeben, dem das Gesicht auf der Briefmarke nachgebildet ist. Und siehe da: Inspiriert ist die neue Marianne nicht etwa von einer Französin, wie es bisher Tradition war, sondern von einer Ukrainerin – Inna Schewtschenko, einer der prominentesten Vertreterinnen der Frauenrechtsgruppe "Femen".

Die 23-Jährige ist für ihre aufsehenerregenden Aktionen international bekannt. In der Ukraine zerlegte Schewtschenko schon mal ein großes Holzkreuz mit der Kettensäge, um gegen die russisch-orthodoxe Kirche und das Verfahren gegen die Frauenband Pussy Riot zu protestieren. Im arabischen Sender Al Dschasira zog sie während eines Live-Interviews kurzentschlossen ihr Oberteil über den Kopf und zeigte mit den Worten "Lieber nackt als Burka" ihre Brüste. Und in der Kathedrale Notre-Dame feierte sie im Februar gemeinsam mit anderen Feministinnen barbusig den Rücktritt von Papst Benedikt XVI.

"Unsere Brüste sind unsere Waffen", sagt die blonde Frau, die vor zehn Tagen politisches Asyl in Frankreich erhalten hat. Dorthin war sie im September 2012 geflüchtet, nachdem die Ukraine den Druck auf sie erhöht hatte. In Paris hat sie seitdem den internationalen Sitz von Femen sowie ein Trainingslager für den "Frauenprotest" eingerichtet. Bisher war ihr die neue Wahlheimat eher freundlich gesonnen. Doch nun ändert sich der Ton.

Nicht nur Frankreichs Katholiken und Konservative gehen auf die Barrikaden. Eine ukrainische Feministin als Sinnbild der Nation? Das kann nicht sein, ereifert sich die größte Oppositionspartei UMP. "Es erscheint mir provozierend und unangebracht, als Symbol der Republik eine Figur zu wählen, die nicht unsere Werte verkörpert", schimpfte der UMP-Abgeordnete Eric Ciotti. Noch heftiger reagierte die Christdemokratische Partei und sprach von der "Briefmarke der Beleidigung". Sie verletze die "Würde der Frau und die Souveränität Frankreichs", kritisierte die Partei und rief zum Briefmarken-Boykott auf.

Doch auch bei gemäßigteren Franzosen löst Schewtschenko Unbehagen aus. Internetnutzer werfen ihr Islamfeindlichkeit vor und verweisen auf die jüngste Meldung der Ukrainerin im Internet-Nachrichtendienst Twitter, in der sie fragt: "Was gibt es Dümmeres als den Ramadan? Was gibt es Hässlicheres als diese Religion?" Der Kommentar wurde zwar inzwischen gelöscht, dies sei aber "nur aus Versehen geschehen", sagt Schewtschenko und gießt Öl ins Feuer. Sie freut sich mit derben Worten darüber, dass ihr Konterfei auf der Marke für "alle Homophoben, Extremisten und Faschisten" eine Zumutung sei.

Via: nachrichten.rp-online.de


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