„Party-König“ auf der Anklagebank – WESER

Diese halbnackten Frauen waren nicht gekommen, um Dominique Strauss-Kahn eine pikante Freude zu bereiten. Ganz im Gegenteil. „Zuhälter-Kunden, schuldig gesprochen“, schrien drei Aktivistinnen der radikalen Frauenrechts-Gruppe „Femen“, die Slogans auf dem Rücken, Bauch und den entblößten Brüsten trugen. Aufgebracht stellten sie sich gestern der dunklen Limousine des früheren Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF) in den Weg, die ihn zum Gerichtsgebäude im nordfranzösischen Lille brachte. Dort wird bis 20. Februar gegen ihn und 13 Mitangeklagte wegen des Vorwurfs der Zuhälterei verhandelt.

Sie sollen Sex-Partys mit Prostituierten in Wohnungen und Hotels in diversen Städten veranstaltet haben, darunter dem noblen Carlton-Hotel in Lille, das von der Polizei abgehört wurde. Angeklagt sind neben dem Hoteldirektor und zwei Managern mehrere Unternehmer, ein früherer Polizeikommissar, ein Bordell-Betreiber – und DSK, wie Dominique Strauss-Kahn in Frankreich genannt wird. Ihnen drohen bis zu zehn Jahren Haft und bis zu 1,5 Millionen Euro Geldbuße.

Am gestrigen Verhandlungstag äußerte sich erstmals Strauss-Kahn als prominentester Angeklagter zu dem Vorwurf, die ausschweifenden Orgien aktiv mitorganisiert zu haben. Das werfen ihm die Untersuchungsrichter vor, während die Staatsanwaltschaft für eine Einstellung des Verfahrens plädiert hatte. DSK behauptet, nicht gewusst zu haben, dass die anwesenden Frauen Prostituierte waren. „Ich habe weder ein Verbrechen noch ein Vergehen begangen“, betonte der 65-Jährige, der sich ernst und selbstbewusst gab. Deshalb verweigerte er das geforderte psychologische Gutachten.

Auch habe es sich bei Weitem nicht um die „zügellose Aktivität“ gehandelt, als welche die losen Treffen mit seiner „Gruppe von Freunden“ in der Anklage beschrieben würden. „Wir kommunizierten damals oft, aber ich sage es ohne Anmaßung, ich hatte andere Dinge zu tun.“ Strauss-Kahn gehörte zu dieser Zeit zu den mächtigsten Männern der Welt. Als renommierter Ökonom leitete er den IWF und bereitete sich darauf vor, für die Sozialisten bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2012 anzutreten. Doch im Mai 2011 brachte ihn der Vergewaltigungsvorwurf eines New Yorker Zimmermädchens zu Fall. Es kam zu einer außergerichtlichen Einigung, aber zu keiner Verurteilung, weil sich die Frau in Widersprüche verwickelte. Doch es folgten weitere Sex-Skandale, die Strauss-Kahns Ruf und politische Karriere endgültig zerstörten und von denen die „Carlton-Affäre“ die folgenschwerste ist.

Die Untersuchungsrichter beschreiben ihn als „Party-König“ und „Dreh- und Angelpunkt“ der Orgien. Bezahlt wurden diese von seinen Freunden, die die Kosten über ihre Unternehmen abrechneten – sie könnten sich Gegenleistungen von dem möglichen künftigen Präsidenten Frankreichs erhofft haben. Die Mitangeklagten haben ihn entlastet: Man habe alles getan, um vor DSK zu verbergen, dass die Frauen Prostituierte waren.

Eine von ihnen, die auch als Nebenklägerin auftritt, hat hingegen ausgesagt, zweifellos sei „jeder auf dem Laufenden“ gewesen. Persönliche Gespräche waren auf ein Minimum begrenzt, Strauss-Kahn habe ihr gewalttätig „Praktiken wider die Natur“ aufgezwungen; aber sie habe dringend Geld gebraucht und sich nicht gewehrt. „Ich fühlte mich behandelt wie ein Objekt, wie eine Sache.“ Andere Frauen sprachen von einer „Abschlachterei“. Strauss-Kahns Anwälte beklagen hingegen die „politische, ideologische, moralische Motivation“ der Anklage.

Via: weser-kurier.de


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