Reyhaneh hat für alle Frauen gekämpft

BERLIN. (hpd) Mit Tränen in den Augen bedankte sich der Onkel der am Wochenende im Iran gehenkten Reyhaneh Jabbari bei den drei jungen Frauen, die vor der iranischen Botschaft in Berlin gegen die Hinrichtung protestierten. Zu diesem Zeitpunkt saßen die drei bereits mit angelegten Handschellen im Polizeiwagen.

Die Sonne ging hinter der iranischen Botschaft langsam unter; es wurde kühl im Berliner Süden und drei Fotografen sowie auch ein Kamerateam standen wartend in der sonst so stillen Dahlemer Straße. Doch dann ging alles rasend schnell: ein Auto fuhr vor und wurde von der Polizei am Halten gehindert; die Fotografen begannen, auf die Botschaft zuzurennen. Die Femen waren da - wie immer barbusig und mit kurzen Statements auf Bauch und Rücken.

“Reyhaneh Jabbari”, “Sharia Law” und “Human Right” war zu lesen, als die drei sich an den Zaun der Botschaft stellten; angedeutete Henkerskappen über den Kopf gezogen und Schlingen um den Hals. Die Kameras klickten und die Mädchen riefen: “Verbrecher”, “Mörder”. Die Botschaft, die schon im herbstlichen Abendlicht den Eindruck einer Festung ohne Fenster macht, wirkte plötzlich noch abweisender.

Die Polizisten wirkten erst über rumpelt, dann überfordert und etwas später nicht sonderlich zart, als sie die schreienden Femen vom Zaun über die Strasse wegzogen; immer von den Kameras verfolgt.

Während die Fotografen ebenso schnell verschwanden wie sie zuvor aufgetaucht waren, sagte der Onkel von Reyhaneh Jabbari zu mir: “Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Nichte. Sie ist mit erhobenem Haupt gestorben. Sie hat Widerstand geleistet, sie wollte sich nicht beugen. Sie hat nicht gesagt, was die Machthaber wollten.”

Herr Jabbari

Es klang, was er sagte, ein wenig wie ein auswendig gelerntes Statement; doch die rotgeweinten Augen straften diesem Eindruck Lügen. “Ich bin heute auch hier, um zu protestieren. Es ist ein staatlicher Mord und die Familie von Sarbandi hat sich beteiligt an diesem staatlichen Mord.” Er wandte sich kurz ab, sammelte sich und fuhr fort: “Im Namen meiner Familie möchte ich mich bedanken für diese Aktion und bei allen Menschen auf der Welt, die sich für Reyhaneh eingesetzt haben.” “Sie hat gekämpft”, sagt der Onkel, “für alle Frauen auf der Erde, die vergewaltigt worden sind.”

“Denn das Szenario und das Drehbuch [des Prozesses gegen Reyhaneh Jabbari] waren von vornherein geschrieben.” Sie hatte keine Chance in einem Prozess, in dem sie sich kaum verteidigen konnte. “Unter Folter wurde sie gezwungen, zuzugeben, dass sie das Messer extra gekauft habe, mit dem der Vergewaltiger verletzt wurde.” Doch, so Herr Jabbari: “Reyhaneh ist getötet worden von der iranischen Regierung. Nieder mit der islamischen Republik! Ich hoffe, dass der Iran bald frei ist von dieser iranischen ISIS.”

Die Fotografen sind verschwunden und der Kameramann hat längst seine Ausrüstung im Auto verstaut. Ich bedanke mich bei Herrn Jabbari und gehe ebenfalls fort. Eine bunte Jacke bleibt zwischen Gehweg und Fahrbahn liegen; als einzige Erinnerung daran, was hier vor wenigen Minuten geschah.

Via: hpd.de


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