Birgit Holzer
Birgit Holzer
Paris. Pauline war sich voll bewusst, dass sie ihre Gesundheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzte, als sie sich vor einem halben Jahr der Organisation "Femen France" anschloss. "Total und radikal" nennt die 27-jährige Französin ihr Engagement für die militante Frauenrechts-Gruppe, die 2008 in der Ukraine gegründet wurde und inzwischen Ableger in ganz Europa eröffnet hat, den ersten davon in Frankreich.
Markenzeichen von "Femen" sind barbusige Aktionen, um öffentlichkeitswirksam gegen Diskriminierung, diktatorische Regime, Gewalt, Homophobie, den Einfluss von Religionen oder Rechtsextremismus zu protestieren. Ihre nackten Oberkörper bemalen die Frauen mit Slogans, laut skandierend halten sie Spruchbänder hoch und setzen sich Sicherheitskräften zur Wehr, die die Störenfriede gewaltsam wegschaffen.
"Ich war kein hartes, mutiges Mädchen, bevor ich zu Femen kam", erzählte Pauline Hillier noch vor wenigen Wochen im Femen-Hauptsitz in Paris. "Heute bin ich es." Natürlich fürchte sie sich vor Schlägen, zwei ihrer Mitstreiterinnen haben sogar schon Zähne verloren. "Aber wenn wir zurückweichen, können wir gleich aufgeben."
Proteste gegen eine Salafisten-Versammlung
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Für ihre Risikobereitschaft bezahlt sie nun teuer: Ende Mai wurden sie, ihre 23-jährige Landsfrau Marguerite Stern und die 19-jährige Deutsche Josephine Markmann festgenommen. Das war bei einer Solidaritäts-Aktion vor dem Justizpalast in Tunis für die 18-jährige Tunesierin Amina Sboui, die das Wort "Femen" auf eine Mauer geschrieben hatte, um gegen eine Salafisten-Versammlung zu protestieren. Heute, Mittwoch, erwartet die drei Europäerinnen ihr Prozess wegen "unzüchtigen Verhaltens". Ihnen drohen bis zu sechs Monate Haft. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Besuch des tunesischen Ministerpräsidenten Ali Larayedh in Berlin einen "fairen und vernünftigen Umgang" angemahnt. Die französische Frauen-Ministerin Najat Vallaud-Belkacem äußerte sich besorgt über das Schicksal der jungen Frauen.
Unumstritten sind die Methoden der selbst ernannten "Sextremisten" allerdings nicht. In Frankreich dreht sich die Stimmung nach einem Nackt-Auftritt in der Kathedrale von Notre-Dame gegen sie. Die meisten Feministinnen halten Abstand zu den amazonenhaft auftretenden Aktivistinnen, die statt auf intellektuell unterfütterte Debatten auf plakative Aktionen setzen und die Instrumentalisierung von Frauen durch die Sex-Industrie anprangern, eben indem sie sich selbst ausziehen.
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Via: wienerzeitung.at
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