Inna Schewtschenko ist eine der Vorzeigefrauen von Femen: Die 23-Jährige profiliert sich seit vier Jahren in der Frauenrechtsbewegung als Frontkämpferin. Was denkt sie über den Film «Ukraine is not a Brothel», in dem die australischen Regisseurin Kitty Green publik macht, dass ausgerechnet ein Mann der Kopf der Gruppe sei? Schewtschenko antwortet auf die Frage des «Vice»-Magazins unaufgeregt, aber deutlich. «Wir werden nicht von Männern geführt.»
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Victor von Anfang ein «grosses Problem»
Sie sagt auch, dass Victor Svyatski die Gruppe nicht gegründet habe. Die Idee mit dem Oben-ohne-Protest hätten Frauen gehabt. Warum betitelt Svyatski sich dennoch als «Patriarch»? Bei ihrem Einstieg 2009 war Svyatski bereits bei Femen, erläutert Schewtschenko: «Wenn du Teil der Bewegung sein wolltest, musstest du das als gegeben hinnehmen. Wir wollten das ändern, wussten aber nicht, wie wir ihn ausschalten können.»
Nicht zuletzt zeige dieser Umstand das grundsätzliche Problem einer von Männern dominierten Gesellschaft: «Das ist der Fluch unserer Bewegung: Dass wir in eine patriarchalische Gesellschaft hineingeboren, werden, in der ein Mann glaubt, dass Frauen untergeordnet sind. Weil er ein Mann ist, dachte er, er könne uns führen, indem er martialisch ist. So geschieht es in allen Familien und in der Gesellschaft. Ich sah das von Anfang an als grosses Problem an, wollte mit der Bewegung aber nicht brechen.»
Der Feind ist das «globale Patriarchat»
Dass sich viele ukrainische Aktivisten – wie auch sie selbst – ins Ausland abgesetzt hätten, habe mit Repression zu tun, aber auch mit Victor Svyatski. «Er hat für uns den Feind identifiziert: sein Gesicht. Unser Feind ist das globale Patriarchat und er zeigte uns in der Praxis, was ein Patriarchat bedeutet.» Schewtschenko sagt, Victor Svyatski sei seit über einem Jahr nicht mehr bei der Gruppe. «Die Zukunft von Femen fusst ganz auf unseren eigenen Ideen.»
Allerdings gesteht Femen-Aktivistin Pauline Hillier, dass Teile des Films einige Mitglieder überraschen könnten: Die Französin, die für Oben-ohne-Protest kürzlich in Tunesien eingesperrt worden war, hat selbst erst durch die Dokumentation von Victor Svyatski erfahren. «Erst war es unglaublich hart und emotional für uns herauszufinden, dass männliche Unterdrückung die stärkste und radikalste Frauenbewegung unterwandern konnte», sagt sie gegenüber «Vice».
«Der Zuschauer sieht den Kampf»
Anstatt diese Tatsache unter den Teppich zu kehren, verbuchen die Femen-Frauen das Kapitel als ein böses Lehrstück. «Als ich feststellte, was für eine immense Rolle dieser Victor spielte, war ich sehr überrascht», stösst Regisseurin Kitty Green in der «Süddeutschen Zeitung» in dasselbe Horn. «Aber ich habe gesehen, dass sich die Frauen gegen ihn auflehnen, und ich habe diesen Kampf dokumentiert.»
Victor lebe mittlerweile in Odessa, berichtet die Münchner Zeitung. Dort war er auch von unbekannten Anti-Feministen zusammengeschlagen worden. Glaubt man Anna Hutsol, Femen-Frau der ersten Stunde, kriegt es der Mann von allen Seiten. «Dieser Film enthüllt nichts, er zeigt einfach den internen Kampf innerhalb von Femen», sagt sie der «Süddeutschen». «Der Zuschauer sieht den Kampf von uns Frauen gegen einen Mann, und wir gewinnen diesen Kampf.»
(phi)
Via: 20min.ch
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