Taylor wurde am 19. Mai festgenommen, als sie das Wort „Femen“ an die Wand eines muslimischen Friedhofs schrieb. Ihr wurde Schändung einer Begräbnisstätte sowie unmoralisches Verhalten vorgeworfen. Florence Montreynaud, Feministin mit einer 40-jährigen Erfahrung, kommentiert:
Ich finde es interessant, wenn man Amina mit Jeanne d'Arc vergleicht. In den beiden Fällen sehen wir eine Frau, die allein gegen alle kämpft. Dadurch unterschiedet sich Aminas Auftritt von den feministischen Aktionen der letzten Jahrzehnte, wo wir immer eine Gruppe von Aktivistinnen sahen. Amina setzt sich einer unglaublichen Gefahr aus. Sie ist bewundernswert, unvergleichlich. Ich würde niemandem zuraten, so zu riskieren, um ihr nachzumachen.
Es gibt nur einen Unterschied zu Jeanne d'Arc: Amina ist nicht gefesselt wie einst die Jungfrau von Orleans. Sie entblößt dagegen ihren Körper. Man kann sich zu den Femen-Aktivistinnen zwar unterschiedlich verhalten; man muss aber zugeben, dass sie dem nackten Busen einen ganz anderen Sinn verliehen haben, als in der europäischen Zivilisation üblich ist. In ihren Aktionen sind die Brüste nicht stillend und nicht erotisch. Sie setzten stattdessen Inhalte aus antiken Mythen wieder frei. Als Beispiel könnte man auch „Die Freiheit führt das Volk“ von Eugène Delacroix anführen. Die Frau auf jenem Gemälde hat auch ein zerrissenes Kleid, aber keine Zeit, um es in Ordnung zu bringen, denn der Kampf ist am wichtigsten.
Amina riskiert ihr Leben, um uns alle zu schützen, alle Männer und Frauen des guten Willens, die an eine bessere Welt glauben. Eine Welt, wo die Frauen mit den Männern gleichberechtigt wären und sich so anziehen könnten, wie sie wollen. Wo die Frauen das gleiche Recht auf Gefühle haben und darauf, sie zum Ausdruck zu bringen.
Wo soll aber eine Feministin Kraft schöpfen für ihre Konfrontation mit der Außenwelt? Montreynaud klärt auf:
Wie bei vielen Widerstandskämpfern sind innere Ruhe und Selbstbewusstsein maßgeblich. Sie sind davon tief überzeugt, dass ihr Weg der einzig richtige ist. In der Geschichte gab es viele Beispiele: Mandela, Martin Luther King, Gandhi… Ihre seelische Ruhe war unerschütterlich. Was sie anstrebten, war die Wahrheit.
Selbst Familienangehörige von Amina rügten sie als phychisch labil. Nur ihr Vater nahm sie in Schutz. Montreynaud sagt:
Die Rückendeckung durch den Vater ist wunderbar. Ich habe seinen offenen Brief gelesen. Wenn dieser Brief wahr ist, ist das eine herrliche Unterstützung. Als ich an meinem Buch über hervorragende Frauen des 21. Jahrhunderts arbeitete, las ich tausende Biographien. Ich fand ein gemeinsames Detail, und zwar die väterliche Unterstützung von Kindheit an. Ich denke, das ist ein Schlüssel, um Aminas innere Überzeugung zu verstehen. Wenn ihr Vater zu ihr steht und solch einen rührenden Brief veröffentlicht, ist sie psychologisch selbstbewusst. Ihr Charakter hat sich also auf einem sicheren Fundament unter dem Blick des liebenden Vaters herausgebildet.
Welche Konsequenzen wird die Aktion von Amina für den Frauenrechtskampf in Tunesien haben? Montreynaud antwortet:
Ich kenne Tunesien und die arabische Welt nicht gut genug. Möglicherweise bleibt Amina nur die erste Schwalbe. Vielleicht wird sie aber den Frühling mit sich bringen, indem andere Frauen ihr folgen. Niemand kann aber Frauen zuraten, sich einer solchen Gefahr auszusetzen.
Man könnte Tunesien wünschen, dass dort eine Gruppe von Frauen mit einem ernsten Programm und mit juristischem Beistand entsteht. Damit sie eine fortschrittliche Einstellung zur Persönlichkeit fordern. In letzter Zeit wird dort gegen diese Einstellung verstoßen.
Via: german.ruvr.ru
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